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Obere Mühlenstraße 1 (Bad Salzuflen)

Aus lippe-haeuser-wiki.de
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Obere Mühlenstraße 1 (Bad Salzuflen)
OrtsteilBad Salzuflen (Kernstadt)
StraßeObere Mühlenstraße (Bad Salzuflen)
Hausnummer1
Karte
Adressbuch von 1901Ja
GemeindeSalzuflen (Kernstadt)
Hausnummer001

Die Hausstätte Obere Mühlenstraße 1, bis heute nach einem früheren Bewohner unter dem Namen „Haus Backs“ bekannt, zählt zu den bekanntesten und wohl auch meistfotografierten Gebäuden der Altstadt von Bad Salzuflen.[1] Bis 1878 Salzuflen Nr. 157. Im Adressbuch von 1901 bereits als Obere Mühlenstraße 1 verzeichnet.[2] Später Sitz der „Pension Backs“, heute (Stand April 2025) die Kaffeerösterei „BO“.[3]

Geschichte

Das später als „Haus Backs“ bekannt gewordene Gebäude zählt zu einer Reihe repräsentativer Bürgerhäuser, die in Folge des wirtschaftlichen Aufschwunges ab dem 15. Jahrhundert errichtet wurden, und die das Bild der Salzufler Innenstadt bis heute prägen. Der durch diese Gebäude zum Ausdruck gebrachte Wohlstand lässt sich unter anderem auch an dem verwendeten Baumaterial ablesen. So waren steinerne Häuser wie etwa das Haus Backs in der Architektur Nordwestdeutschlands vor dem 18. Jahrhundert eigentlich eher die Ausnahme. Die besonders große Dichte solcher Gebäude in der Innenstadt Bad Salzuflens zeugt daher vom zeitgenössischen Reichtum der Stadt. Anders als in vielen anderen Städten der Region endete die Bautätigkeit in der Stadt während des Dreißigjährigen Krieges nicht. Dies lag unter anderem auch an dem durch die häufige Sperrung von Handelswegen wegfallenden Salzimport aus anderen Gegenden, von dem die Stadt ökonomisch profitieren konnte. Dementsprechend konnten einige Häuser wohlhabender Bürger – etwa die spätere Obere Mühlenstraße 1 – zwischen 1619 und 1630 mit prächtigen Fassadenschnitzereien versehen werden. Die Blüte Salzuflens endete allerdings um die Mitte des 17. Jahrhunderts, und damit auch die rege Bautätigkeit, so dass das Stadtbild um 1900 noch weitestgehend durch die Bauten aus der Renaissancezeit bestimmt wurde.[4]

Der Bauherr des Gebäudes ließ sich bisher nicht ermitteln. Die aus der Inschrift an der Fachwerkschwelle im Giebel ableitbare Vermutung eines ursprünglich adeligen Hofes trifft aber wohl nicht zu. Der Erbauer ist vermutlich im familiären Umfeld der Familie von der Wipper zu suchen, einer der einflussreichsten Kaufmannssippen der Region, die auch in Lemgo eine rege Bautätigkeit entfaltete. 1621 gehörte das Haus dem Licenciaten Engelbert von der Wipper. Um 1632 gelangte die Hausstätte dann in den Besitz des in der Inschrift genannten Hermann von Exterde, der zu einem weitverzweigten Ministerialgeschlecht gehörte und auch in der weiteren Region, etwa in Lemgo, Detmold, Ahmsen und Herford über Besitzungen und Lehen verfügte. Neben der Familie der Hausherren lebten in Haushalten dieser Größe immer auch Gesinde, wobei die Zahl der Knechte die der Mägde in der Regel überstieg. Während die Mägde sich eher um die Haushaltsführung, etwa den Küchenbetrieb, die Holzversorgung oder den Gartenbau kümmerten, waren die Knechte mit der Betreuung des Viehs und den ökonomisch relevanten Arbeitsfeldern betraut.[5]

Gebäude

Das Haus Backs, Obere Mühlenstraße 1; Foto: Lennart Stephan, 2025

Das Haus Backs in seiner heutigen Form ist in mehreren Phasen entstanden. Die ältesten Elemente, die steinernen Umfassungswände, stammen aus dem 16. Jahrhundert. Vermutlich wurden sie um das Jahr 1581 errichtet, das Jahr, in dem laut dendrochronologischen Untersuchungen auch das Holz für die Deckenbalken über der großen Diele und die inneren Trennwände geschlagen wurden.[6]

Die umfassenden Mauern der Hausstätte bestehen dagegen aus zweischaligem Bruchsteinmauerwerk, die äußeren Kanten aus bearbeiteten Werksteinblöcken. Auch die großen Bögen über den Fenstern sind in Schalungen aus Bruchstein gemauert. Diese Technik wurde auch bei der Errichtung der vier Umfassungswände angewandt, sowie bei der Quer- und Herdwand, die Diele und Hinterhaus voneinander trennt.[7]

Interessant ist insbesondere auch die wechselvolle Geschichte der Fassadengestaltung am späteren „Haus Backs.“ Über den hohen Fenstern des Vordergiebels steht ein in Fachwerk errichtetes Giebeldreieck. Dieser Giebel und das gesamte Dachwerk wurden bei der 1632 erfolgen Aufstockung des Hauses wieder verwendet.Dabei wurden ältere und aktuelle Schmuckelemente der Renaissance verwendet . So entsprechen die Ornamente am Torbogen und Schnitzgiebel den Gestaltungsformen der Renaissance, während die Inschrift in der damals eigentlich schon altmodischen Schrift der spätgotischen Textura abgefasst wurde. Mit der Verwendung historischer Stilelemente wollte der Bauherr vermutlich eine lange Familientradition demonstrieren.[8] Außerdem wurde der Giebel im frühen 20. Jahrhundert aufwändig mit verschiedenen Farben bemalt. 1991 entschloss man sich allerdings, diese Giebelbemalung wieder zu entfernen,[9] sodass das Gebäude dem heutigen Betrachter vor allem wegen der künstlerisch hochwertigen Schnitzereien im Gedächtnis bleibt.

Inschriften

Das Gebäude an der Oberen Mühlenstraße 1 weist heute noch zwei Inschriften auf. Die erste befindet sich am Giebel des Hauses:

„Anno 1632 den 24 Julii hat Hermann v. (von) Exter und Ilse van Senden düt Haus in dem Namen der heiligen Dreenichgeit bowen laten. An Gottes Segen ist alles gelegen. V.D.M.J.Ae.“, wobei das Kürzel V.D.M.J.Ae. für den in der Reformationszeit beliebten Spruch „Verbum domini manet in aeternum,“ „Das Wort Gottes bleibt in alle Ewigkeit“[10] steht.

Eine zweite, in gebrochener Schrift geschriebene Inschrift auf dem Sturz des linken oberen Stubenfensters des steinernen Untergeschosses ist nur teilweise erhalten geblieben:[11]

„Wol Gode in rechten Geloven vertruwet, nicht up d...“ [Wer Gott im rechten Glaube vertrauet, nicht auf...].[12]

Im Jahr 1991 wurde die Giebelbemalung vollständig entfernt. Bei diesem Prozess verschwanden auch zwei jüngere Inschriften:[13]

ANNO 1632

„Seid fröhlich in hoffnung – Gedultig in trübsal – Haltet an am gebet – R[ömer] C[apitulum] XII [Vers 12]“

Eigentümer*innen, Bewohner*innen

1549 Johan Kerkhoff.[14]

1556/67 Deppe tho Swavedyssen.

1562/67 „zur Heuer“: „de Rynskynne.“

1621 Licent Engelbert v. d. Wipper; „leiht dem Salzwerk 4.500 Speciesthaler.; Fundator der Wipp'schen Stiftung (1621)“; keine Kinder.

1632 „Neubau auf abgebranntem Sockel durch HC. Herm. v. Exter“; Ehefrau: Ilse van Senden; Bewohner: Jobst Potharst.

1645/62 Bewohner Hillebrandt Potharst, „Kramer und Handelsmann“; Bewohner Jürgen Schure, der „später ein eigenes Haus hat.“

1675/84 HC. Thomas Scheffer („Scheiffer“); Ehefrau: Agnes, geb. Klöpper.

1702 „zur Heuer:“ Bäcker Joh. Henrich Stukman; vgl. auch Haustätte Salzuflen Nr. 222.

1702 Die Witwe des Thomas Scheffer: Agnes Scheffer, geb. Klöpper; „Krameramt; außerordentlich reicher Besitz!“

1708 Ratsherr Hermann Pottharst; „Wohnhaus und Hausstätte.“

1752 „das in Konkurs befindliche Haus von Hillebrand Pottharst (400 Thl.) und die Scheune (100 Thl.).“

1760 Hillebrand Pottharst; „1724 für 1000 Thaler gekauft.“

1762 Christian Henrich Tellmann; „gewesener Secretair bei dem HC. General von Donop, ist aus Herford, seine Frau aus Schötmar; hat 1 Sohn, erwarb das Bürgerrecht für 150 Thl.; jur. 1762.“

1767/72 „Secretair Tellmann; „Haus u. Scheune (500 + 100 Thl.)“; (vgl. auch Haustätte Salzuflen Nr. 121); „spätere Anmerkung: dessen Creditoren.“

1776 Gottfried Phil. Münter aus Sylbach, Sohn des Ober-Amtmann Daniel Conrad Münter; Eintragung datiert vom 03.12.

1776 „Münther sein Haus (500 Thl.); die Scheune (100 Thl.).“

1778 Kaufmann Gottfried (Phil.) Münter jun.; geboren im März 1735, gestorben am 25.06.1805.

1779 Münter, „Wohnhaus und Scheune.“

1782/95 Kaufmann Gottlieb Münter (auch „Gottfried“ Philipp); Zweite Ehefrau: Friederike Dorothea, geb. Wendt aus Hessisch Oldendorf, geboren 1754, gestorben am 31.05.1796; „hatten von 1772 - 1794 neun Kinder“; „Just. Lou. Amalia heiratet am 18.04.1801 den Bäcker Sim. (Henr.) Windmeier“ (vgl. auch Salzuflen Nr. 84).

1807 Schumacher J. Friedr. Hartmann; heiratete „die einzige Tochter des Sim. Jürgen Regel.“

1817 „Ratsherr Hartmann; hat 21 1/3 Scheffel Ackerland.“

1825 Ratsherr Friedrich Hartmann; gestorben am 30.05.1828; „die Witwe heiratet wieder: 5.12.1828 den Bäcker Heinrich Huth.“

1829/37 Bäcker Heinrich Wilhelm Huth.

1844/48 Bäcker und Stadtverordneter Heinrich Huth; „hat bis 1853 Gast- und Schankwirtschaft, Kegelbahn.“

1851/61 Ders., gestorben am 30.10.1863; die Tochter Auguste Huth, geboren am 05.06.1832, heiratete am 10.10.1854 Friedrich Wolf, Kaufmann in Schötmar.

1868 Zigarren-Arbeiter Metzler.

1870 „Von Kaufmann Wolff in Schötmar kauft das Haus: Handl.-Geh. August Brinkmann aus Lage, Kolonial-Waren.“

1871, 12.01.: Kaufmann August Brinkmann, Kolonial-Waren; „teilweise mitbenutzt vom Bäcker und Fuhrmann Ehlebracht“ (vgl. Salzuflen Nr.229).

1873/1901 Kaufmann August Brinkmann, später Zigarrenfabrikant; Witwe Charlotte Meier, Söhne Heinrich und August Meier.

1904 „Der Kaufmann August Brinkmann erwirbt das Gebiet zwischen Kuhstraße, Gröchteweg und Kleinbahn zum Preise von 2 Mark je qm, um hier eine Zigarrenfabrik zu bauen.“

1926 Wilhelm Backs, Kaufmann; Heinrich Woestendiek, Rentner.[15]

1938 Marie Backs, Witwe; Else Backs, „Haustochter“; Martha Backs, „Haustochter“; Anny Backs, Lehrerin.[16]

1951 Anny Backs, Lehrerin; Marie Backs, Pensionsinhaberin.[17]

1962 Anny Backs, Lehrerin; Elise Backs; Karl-Heinz Backs, Sparkassen-Angestellter; M. Backs, Fremdenheim.[18]

Literatur

Fred Kaspar / Roberto Arató, Ein gar stattlich Haus. Leben und Wandel in einem niederdeutschen Bürgerhaus der Weser-Renaissance. Dargestellt am Beispiel des Hauses Backs in Bad Salzuflen, Rheda-Wiedenbrück 1989.

Otto Pölert, Alte Häuser Salzuflens. Besitzer, Bewohner, um 1960. Stadtarchiv Bad Salzuflen Msc Nr. 13.

Stefan Wiesekopsieker, Inschriften an Bad Salzufler Häusern (Bad Salzufler Haus- und Hofgeschichten 2), Bad Salzuflen 2011 [2009].

Quellen

Adressbuch für das Fürstenthum Lippe, Detmold 1901 Digitalisat.

Adreßbuch des Landes Lippe, Detmold 1926.

Adressbuch für die Städte Schötmar und Bad Salzuflen, Schötmar 1938.

Adreßbuch für Bad Salzuflen. Mit Gewerbeverzeichnis der Stadt Schötmar, Detmold 1951.

Lippisches Landes-Adreßbuch. Kreise Detmold und Lemgo, Detmold 1962.

Gröppel, Inschriften alter Häuser in Salzuflen, Detmold 1909.

Otto Preuß, Die Baulichen Althertümer des Lippischen Landes. Zweite Vermehrte und Verbesserte Auflage, Detmold 1881.

Weblinks

Einzelnachweise

  1. Vorlage:WiesekopsiekerInschriften2011, S. 20-21.
  2. Adressbuch für das Fürstenthum Lippe, Detmold 1901 Digitalisat, S. 121.
  3. Vorlage:PölertHäuser1960, Nr. 157; vgl. auch die Rubrik „Eigentümer*innen, Bewohner*innen.“
  4. vgl. Fred Kaspar / Roberto Arató, Ein gar stattlich Haus. Leben und Wandel in einem niederdeutschen Bürgerhaus der Weser-Renaissance. Dargestellt am Beispiel des Hauses Backs in Bad Salzuflen, Rheda-Wiedenbrück 1989, S. 17-18.
  5. vgl. Ebd., S. 27-28 und 41; siehe außerdem die Rubrik Eigentümer*innen, Bewohner*innen.
  6. Fred Kaspar / Roberto Arató, Ein gar stattlich Haus. Leben und Wandel in einem niederdeutschen Bürgerhaus der Weser-Renaissance. Dargestellt am Beispiel des Hauses Backs in Bad Salzuflen, Rheda-Wiedenbrück 1989, S. 29-34.
  7. vgl. Ebd.
  8. vgl. Ebd., S. 35-40.
  9. vgl. Vorlage:WiesekopsiekerInschriften2011, S. 21.
  10. Otto Preuß, Die Baulichen Althertümer des Lippischen Landes. Zweite Vermehrte und Verbesserte Auflage, Detmold 1881, S. 87-88 und Gröppel, Inschriften alter Häuser in Salzuflen, Detmold 1909, S. 10-11.
  11. vgl. Vorlage:WiesekopsiekerInschriften2011, S. 21.
  12. Otto Preuß, Die Baulichen Althertümer des Lippischen Landes. Zweite Vermehrte und Verbesserte Auflage, Detmold 1881, S. 87-88 und Gröppel, Inschriften alter Häuser in Salzuflen, Detmold 1909, S. 10-11.
  13. Vorlage:WiesekopsiekerInschriften2011, S. 21.
  14. Sofern nicht anders ausgewiesen, Informationen zu diesem und folgenden Einträgen entnommen aus: Vorlage:PölertHäuser1960, Nr. 157.
  15. Adreßbuch des Landes Lippe, Detmold 1926, S. 409.
  16. Adressbuch für die Städte Schötmar und Bad Salzuflen, Schötmar 1938, S. 5.
  17. Adreßbuch für Bad Salzuflen. Mit Gewerbeverzeichnis der Stadt Schötmar, Detmold 1951, S. 22.
  18. Lippisches Landes-Adreßbuch. Kreise Detmold und Lemgo, Detmold 1962, S. 250.

Autor*innen

Lennart Stephan