Schülerstraße 15–25 (Detmold)

Aus lippe-haeuser-wiki.de
Zur Navigation springen Zur Suche springen
Schülerstraße 15–25 (Detmold)
OrtsteilDetmold (Kernstadt)
StraßeSchülerstraße (Detmold)
Hausnummer15-25
Karte
Adressbuch von 1901
GemeindeDetmold

Auf den heutigen Parzellen Schülerstraße 15–25 befand sich ursprünglich der Burgmannenhof von dem Bussche, den 1453 die Schwestern zu Eldagsen bei Petershagen/Stift Hildesheim zum Bau eines Klosters erwarben. Dieses Kloster ist, bis auf Reste des Pforthauses, heute Schülerstraße 23 und Schülerstraße 25 abgängig.

Geschichte

Augustinerinnen-Kloster, Ansicht von Norden, in der Bildmitte das Pforthaus und dahinter die Klosterkirche. Ganz links der Bürgerturm am damaligen Ende der Schülerstraße, Federzeichnung Johann Ludwig Knoch, um 1790, Repro: Ferdinand Düstersiek, LLB: HSA 6,502

Das Augustiner-Kanonessen-Kloster "Marienanger" entstand sechs Jahre nach der Zerstörung der Stadt in der Soester Fehde 1447 an Stelle eines älteren Burgmannenhofes, den die Schwestern von Eldagsen zur Gründung eines Kloster erwarben. Johan Grutman, Richter der lippischen Edelherren, beurkundete 1453 , dass vor ihm die Brüder Heinrich und Cord von dem Bussche, Knappen, Söhne des Amelung, Fye, Frau des Heinrich, ihren ererbten Hof zu Detmold und die dazu gekaufte Judenstätte (iodenstede) für 90 Mark Lemgoer Pfennig an die innigen Schwestern zu Eldagsen verkauft und für ihre außer Landes lebenden Brüder Verzicht geleistet haben.[1] Edelherr Bernhard VII. und Simon zur Lippe erteilten im selben Jahr den Schwestern zu Eldagsen Privilegien, die mit ihrer Zustimmung von den Brüdern Heinrich und Cord von dem Bussche deren freien Hof in Detmold erworben hatten, u. a. Freiheit von städtischen Lasten und einen Walkmühlenbau vor der Stadt.[2] Ebenso gewährten Bürgermeister Johan de Ghyr, Hans Metting, Hans de Zelige, Hinrich Blome, Kord Duker und Hinke de Ghyr, geschworene Bauermeister an Stelle eines Rates zu Detmold diese Rechte und forderten 1 Rheinischen Gulden "zum gebouwe der Stadt" und das Vorkaufsrecht für ihren Hof.[3] 1461 verschrieben sich die Schwestern der Augustinerregel.[4]

1478 erlaubten Bernhard VII. und der Rat den Schwestern die Anlage einer Gossenrinne mit Eisengitter vom Kloster in den Stadtgraben.[5]

1479 schenkt Domina Elisabeth Tydemans, laica, aus der Diöz. Osnabrück, mit Konsens ihres Vormundes Hermannus Redelike, Vikar der Osnabrücker Kirche, dem Detmolder Schwesternhaus Marienanger zu Händen der Mutter Elisabeth Perssevals als Seelgerät ihre gesamten Einkünfte, Fahrhabe und Schmuck. Zeugen waren Vikar Johannes Lyncge und Heinrich von Büren, camerarius iudicatus des Osnabrücker Domkapitels.[6]

1481 verkauften Schwester Ghese Bokenhues Mutter, Schwester Ilse Staelberch Meisterin, Schwester Engel Stenbecke Schaffnerin und der ganze Convent des Schwesternhauses zu Detmold in der Jodenstrate, genannt. Marienanger, dem Schwesterhaus Marien tor Engelhus zu Lemgo in der Rampendallstrasse den Garten vor dem St. Johannisthor bei dem Beginenhaus und Noltilliskamp, den Grete, Witwe des Nolte Bokenhusen, ihnen geschenkt hat.[7] Im selben Jahr kaufte das Kloster von Hermen Krawynkel und seine Frau Geheseke eine Stätte von ihrem Hof neben dem Klosterkirchhof.[8] Dieser Kauf wurde beurkundet von Hinrik Rutingk, Richter zu Detmold, nämlich dass der Detmolder Bürger Herman Krawynkel und dessen Frau Ghese für 8 Mark Bielefelder Währung dem Kloster Marienanger zu Detmold einen Ort ihres Hofes neben dem Klosterkirchhof verkauft haben. Zeugen waren Bürgermeister Johan Tyllill und der Bürger Jordan Koep.[9]

1483 verfügt Simon zur Lippe, Bischof zu Paderborn, bezüglich des Augustinerinnenklosters Marienanger, das von den Klöstern Möllenbeck und Blomberg, beide Windesheimer Kongregation, geleitet wird, u. a. das Habit der Regularissen anzunehmen und sich aus Möllenbeck oder Blomberg einen Beichtvater zu wählen.[10] 1485 wurden zahlreiche Privilegien durch Bernhard VII. und den Rat gewährt.[11] Außerdem schenkte Bernhard VII. dem Kloster damals verschiedene Landstücke in der Detmolder Feldmark, die bis dahin Gese Blome und ihr Sohn Cord zum Lehen hatten.[12] Mutter Gertrud und der Konvent des Schwesternhauses Marienanger zu Detmold bekennen zugleich, von Bernhard VII. zur Lippe die vorgenannten Landstücke erhalten zu haben. Sie wollen dafür einen Jahrestag für den Stifter, dessen Frau Anna von Holstein-Schaumburg und deren Nachkommen halten.[13]

Im selben Jahr 1485 verkauften Mutter Gertrud Loves, Meisterin Engele Steinbeeck, Kornschreiberin Wobbeke Clove und der Konvent des Schwesternhauses Marienanger für 100 Rheinische Gulden eine Leibrente von 12 Mark Herforder Pfennig an Grete und Grete, Mutter und Tochter Bartscherer, die auf Michaelis nach Herford zu entrichten war.[14]

1488 schenkten Ghese und ihr zweiter Mann Simon Sluter dem Kloster eine Stätte hinter dem Kloster, wofür die Töchter Vredeke und Grete aus erster Ehe mit Hermann Krawinkel ins Kloster aufgenommen werden sollen. Der dritten Tochter Kunneke soll, wenn sie bei Volljährigkeit nicht in das Kloster eintreten will, 12 Mark Bielefelder Pfennig ausgezahlt werden. Ihr Bruder Cord Crawinkell erhält bei vorzeitigem Tod Kunnekes 6 Mark. Der Rat erlaubt Windel Bernd, auf die Stätte zu ziehen.[15] 1490 versprechen Knappe Alhard von dem Bussche, Sohn des verstorbenen Heinrich, und seine Frau Bathe, dem Detmolder Süsterhaus für die Aufnahme seiner Schwester Elseke 3 Malter Korn aus dem Zehnten zu Greste. Ferner schenkt er dem Kloster 5 Stücke Land und 1 Wiese vor Detmold und erbittet dafür für sich und sein Geschlecht Seelenmessen etc.[16]

1501 erklärt Sigfried von der Borch, Kirchherr zu Heiden, erklärt, dass sein Vetter Dietrich von der Borch ihm für geliehene 18 Goldgulden zwei Schweine und den Schweinehafer verpfändet hat. Diese hat er seiner Tochter beim Eintritt in das Detmolder Schwesternhaus Marienanger als Mitgift mitgegeben.[17]

1511 bestätigte Edelherr Simon V. zur Lippe das von seinem Vater Bernhard VII. und seinem Onkel Simon mit Zustimmung des damaligen Kirchherrn erteilte Privileg, in seiner Stadt Detmold ein Schwesternhaus mit einer Kapelle zu errichten. Er gestattete nach Besichtigung der Kirche mit Einverständnis seines Verwandten Johann von der Lippe, des gegenwärtigen Kirchherrn zu Detmold, dem Augustinerchorherren Johann Swarten, Pater des Schwesternhauses, der Mutter Myggeken und dem Konvent den Neubau einer Kirche oder Kapelle mit einem kleinen Turm und einer Glocke darauf, mit zwei oder drei Altären sowie die Anlage eines Kirchhofs. Kirche oder Kapelle, Altäre und Friedhof sollen wie einst konsekriert werden. Er gestattet ihnen, zwei oder drei gelehrte, wohlbeleumundete Priester als Beichtväter und zur Abhaltung des Gottesdienstes anzustellen und erteilt das Begräbnisrecht, alles unter Vorbehalt der Rechte des Kirchherrn, dem sich die genannten Priester unterzuordnen haben. Ihm sollen auch die von weltlichen Personen an die Klosterkirche gemachten Oblationen verbleiben; ihm soll das Kloster als Entschädigung für die Schmälerung seiner Parochialrechte 60 Goldgulden bezahlen, die als Rente anzulegen sind. Dafür hat er den Schwestern in Notfällen – wenn der Pater nicht erreichbar sein sollte – die Sakramente zu spenden.[18] 1512 legte Johann von der Lippe, Kirchherr und Besitzer der Pfarrkirche zu Detmold, die 60 Rheinischen Goldgulden, die er von Pater Johann Swarte, Mutter Myggeke und dem Konvent der Schwestern vom Augustinerorden in Detmold für die Abtretung gewisser parochialia erhalten hat, in dem Hof zu Döringsfeld in Gestalt einer Kornrente von 3 Maltern an, je zur Hälfte Roggen und Hafer. Der Detmolder Bürger Dirick Kock gibt ihm darauf Brief und Siegel und hinterlegt den Hauptbrief, den er von Temmen Bosen auf den Hof erhalten hatte, beim Rat der Stadt zur Sicherung auch für die Nachfolger des gegenwärtigen Pfarrherrn.[19]

1517 wurde der 1511 von Simon V. gestattete Kirchenneubau vollendet.

1575 Auflösung des Klosters durch die Reformation, Kloster und Kirche werden profaniert. Die Schwestern verkaufen einen Teil der Besitzungen an die Adelsfamilie von Schwartz: Anna Goldtschmedes, Mutter, Ilse Floren, Meisterin, und der Konvent des Susterhauses in (Detmold) verkaufen auf Vermittlung ... (Bernd) von Exterdes, des Bürgermeisters Johann Koch, Lic., und Kanzler Henrich Kirchmanns, Magister (Johann von Exters) ... Konsistorialen der Grafschaft Lippe, ihre (zwei Häuser) ... und das Vorwerk ... und den Platz mit dem Brunnen (putten) bis zum Viehhaus, unter Vorbehalt der Mitbenutzung des Brunnens und der Durchfahrt durch den Platz, und die Miststätte jenseits der Straße bei Dietrichs von der Borch Hof, alles in der Susterstraße am Ende bei der Stadtmauer gelegen, dazu Hude und Viehtrift sowie Feuerung aus dem Walde an Adolf Schwartz, lippischen Landdrost, für 778 Taler bzw. 700 Taler, 3 Malter Gerste und 8 Seiten Speck. 1575 Oktober 27.[20]

1602–1832 die Klosterkirche als "lateinische Provinzial- und Landesschule" genutzt. 1623 wurden die ehemaligen Klostergebäude Opfer einer Brandstiftung von Gertrud Vogel, gebürtig aus der Nähe von Brilon, die mehrfach Feuer in Detmold gelegt hatte, dafür an den Pranger gestellt, gestäupt und des Landes verwiesen wurde.[21]

1690–1716 wurde die ehem. Klosterkirche vorübergehend den Hugenotten als Gotteshaus zugewiesen, 1721 dann den Lutheranern, bis diese 1741 ihren Neubau gegenüber, Schülerstraße 12, beziehen konnten.

1832 wurde die Klosterkirche infolge Umzug des Gymnasiums in den Neubau an der Leopoldstraße abgebrochen. Für den Erhalt und eine Nutzung als Bibliothek setzte sich damals der Kanzleirat Johann Christian Althof ein. Landbaumeister Ferdinand Brune, um sein fachliches Gutachten gebeten, urteilte: "Daß das nebenbemerkte alte Schulgebäude (eine ehemalige Klosterkirche) sichtlich aus einer Periode des Mittelalters stammt, wo die Baukunst in höchstem Verfall war, und ich glaube daher ohne nähere Beweise mit vollem Recht behaupten zu dürfen, daß dieses Gebäude einen wirklichen Kunstwerth gar nicht besitze. Eben so wenig kann ein Unbefangener dasselbe für schön halten, noch zeichnet es sich durch besondere Größe aus, und da auch durchaus keine merkwürdige historische Erinnerungen sich daran knüpfen: so mangeln ihm alle Bedingungen, die dasselbe ehrwürdig, und als solches der Erhaltung werth machen können. [...] Ich kann daher durchaus keinen Grund finden, das fragliche Gebäude zu conserviren, obschon ich nicht zu denen gezählt zu werden wünsche, denen wirklich schöne oder durch ihr Alter oder ihre Größe und Erhabenheit ehrwürdige Denkmale der Baukunst gleichgültig sind."[22] Auch Wilhelm von Meien fand "nicht das mindeste Merkwürdige, welches die Erhaltung wünschenswert machen könnte".[23] Fürst Leopold fand es daraufhin nicht nötig, auf die Eingabe Althofs Rücksicht zu nehmen.[24]

Gebäude

Klosterkirche

1511 vollendet. Einschiffige, spätgotische Saalkirche mit hohem Dachreiter. Unbekannter Vorgängerbau.

1832 Abbruch.

Pforthaus

Ehem. Pforthaus des Klosters, Ansicht von Nordwesten, um 1910, Foto: Friedrich Düstersiek, LLB, HSA 6-354

Zweigeschossiger, traufständiger Fachwerkbau. Die beiden seitliche Utluchten in Straßenflucht sind eine spätere Ergänzung. Obergeschoss allseitig über schmalen Knaggen weit vorkragend. Satteldach.

Zur nachklösterlichen Geschichte des Pforthauses, Teilung und Umbauten, siehe Schülerstraße 23 und Schülerstraße 25.

Inschriften

Eigentümer*innen, Bewohner*innen

Bis 1453 Burgmannen von dem Bussche, zuletzt Heinrich und Cord von dem Bussche.

1453–1575 Augustiner-Kanonessen aus Eldagsen

1575 Auflösung des Klosters durch die Reformation, Kloster und Kirche werden profaniert. Nutzung der Klosterkirche als Gymnasium.

Literatur

Otto Gaul (Bearb.), Stadt Detmold, mit einer geschichtlichen Einleitung von Erich Kittel und Beiträgen von Leo Nebelsiek, Peter Berghaus und Konrad Ullmann (Bau- und Kunstdenkmäler von Westfalen; 48, Teil I), Münster 1968, S. 116–118.

Gerhard Peters, Baugeschichte der Stadt Detmold, in: Geschichte der Stadt Detmold, Detmold 1953, S. 182–225, hier S. 184.

Quellen

Lageplan von J. L. Knoch, um 1792 (LAV NRW OWL)

Ansicht von Norden, Federzeichnung, Johann Ludwig Knoch, um 1800 (LAV NRW OWL)

Weblinks

Einzelnachweise

  1. LAV NRW OWL, L 1 Nr. 1203.
  2. LAV NRW OWL, L 1 Nr. 1199.
  3. LAV NRW OWL, L 1 Nr. 1202.
  4. LAV NRW OWL, L 1 Nr. 1332.
  5. LAV NRW OWL, L 1 Nr. 1710.
  6. LAV NRW OWL, L 1 Nr. 1726.
  7. LAV NRW Westfalen, V 501u / Verein für Geschichte und Altertumskunde Westfalens, Abteilung Münster (Dep.) / Urkunden, Nr. 399.
  8. LAV NRW OWL, L 1 Nr. 1768.
  9. LAV NRW OWL, L 1 Nr. 1775.
  10. LAV NRW OWL, L 1 Nr. 1824.
  11. LAV NRW OWL, L 1 Nr. 1863.
  12. LAV NRW OWL, L 1 Nr. 1864.
  13. LAV NRW OWL, L 1 Nr. 1865.
  14. LAV NRW OWL, L 1 Nr. 1872.
  15. LAV NRW OWL, L 1 Nr. 1924.
  16. LAV NRW OWL, L 1 Nr. 1941.
  17. LAV NRW OWL, L 1 Nr. 2157 - c.
  18. LAV NRW OWL, L 1 Nr. 2337.
  19. LAV NRW OWL, L 1 Nr. 2347.
  20. LAV NRW OWL, L 4 W / Biesterfelder Archiv - Urkunden, Nr. 17, Kopie des 17. Jh. siehe LAV NRW OWL, L 4 K / Gutsarchiv von Schwartz-Merckel (Urkunden), Nr. 65.
  21. LAV NRW OWL, L 86 Nr. 406.
  22. LAV NRW OWL, L 77 A 1859, fol. 90–91v.
  23. LAV NRW OWL, L 77 A 1859, fol. 93 f.
  24. Joachim Kleinmanns, Preußischer Klassizismus in Lippe. Der lippische Landbaumeister Ferdinand Brune (1803–1857). Leben und Werk, Petersberg 2024, S. 97.

Autor*innen

Joachim Kleinmanns