Richthofenstraße 3 (Detmold)
Richthofenstraße 3 (Detmold) | |
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Ortsteil | Detmold (Kernstadt) |
Straße | Richthofenstraße (Detmold) |
Hausnummer | 3 |
Karte | |
Adressbuch von 1901 | |
Gemeinde | Detmold |
Hausnummer | A 118a |
1827–1830 als Strafwerkhaus der Stadt Detmold vor dem Lemgoer Tor errichtet.
Geschichte
Die Landesregierung und der Magistrat der Stadt Detmold hatten 1826 eine Strafwerkhaus-Kommission gebildet, in deren Auftrag Baukondukteur Vogeler eine Bauaufnahme des bestehenden Strafwerkhauses in der Bruchstraße erstellte. Im Anschluss reichte er am 12. Mai 1826 ein achtseitiges "Pro Memoria" ein, in dem er die zahlreichen Mängel des bestehenden alten Strafwerkhauses aufzählte und anbot, einen möglichst vollkommenen Neubauentwurf zu liefern. Im Juni forderte die Baukommission Baukommissar Overbeck, Baukondukteur Vogeler und Baukondukteur Ferdinand Brune mit einem detaillierten Bauprogramm zu einem Wettbewerb gegen Honorar auf. Brune reichte seinen Riss und Kostenanschlag, in dem er das Bauprogramm mit über 60 Räumen erfüllte, zwei Monate später ein. Auf 33 Seiten erläuterte er seinen Entwurf und fügte einen detaillierten Kostenanschlag über 13.465 Taler bei. Overbeck kam auf 14.496 Taler. Vogeler gab seinen Entwurf und Anschlag erst am 22. Dezember ab und kalkulierte 14.424 Taler.
Ein Bauplatz auf der Mühlenwiese (südlich der Unteren Mühle) wurde von der Regierung nicht genehmigt, jedoch auf der Neuen Wiese vor dem Lemgoer Tor (heute Richthofenstraße 3) gegen entsprechende Entschädigung bereitgestellt.
Landbaumeister Theodor von Natorp wurde aufgefordert, die drei Entwürfe zu begutachten. Er urteilte im Januar 1827, dass keiner ohne bedeutende Änderungen ausgeführt werden könne. Dennoch wurde schon im Februar mit dem Bau nach Brunes Plan begonnen. Die Überarbeitung des Entwurfs und einen neuen Kostenanschlag lieferte Brune jedoch erst im April. Nach seiner Anstellung als Baukondukteur bei der Kammer trat er die tägliche Bauleitung an den Baupraktikanten Wiss ab. Am 16. Mai wurde dieser als Bauaufseher vereidigt und Brune mit der Direktion des Baues "nach Anleitung des von ihm angefertigten Risses" beauftragt.[1] Diese Direktion bedeutete die Aufsicht bei wesentlichen Arbeiten wie beispielsweise dem Verlegen der Deckenbalken. Die Gewerke wurden nicht im Einzelnen ausgeschrieben, sondern die Ausführung insgesamt dem Entrepreneur Zimmermeister Culemann übertragen. Der Bau schritt anfangs rasch voran, im September 1827 wurden bereits die Innenwände ausgemauert. Doch erst im Januar 1830 urteilte Brune, der Bau sei "wenigstens in der Hauptsache" beendet.[2] Er liquidierte für seine Arbeit 62 Taler. Abgerechnet wurden die Baukosten schließlich 1831 mit 20.937 Talern.
Eingetragen in die Denkmalliste der Stadt Detmold.
Gebäude
Klassizistischer Putzbau aus Bruchstein mit Werksteingliederungen aus Sandstein. Die Straßenfront beherrschen zwei vorspringende kurze Flügel, die dem Bau einen U-förmigen Grundriss geben. Der zurückspringende Mittelteil der Straßenfront erhielt neun Fensterachsen, in der Mitte führt eine doppelläufige Freitreppe zum Portal im Hochparterre. Die Seitenflügel springen um drei Fensterachsen vor und besitzen ebenso an der Front drei Achsen. Sandsteinquader betonen die Gebäudeecken, die Fensteröffnungen rahmen einfache Werksteingewände aus Sandstein. Über dem hohen Sockelgeschoss erheben sich zwei Hauptgeschosse, alle durch einen Werksteinstreifen getrennt. Das flach geneigte Walmdach erhielt auf jeder Seite eine Schleppgaube und wurde von vier Schornsteinen für insgesamt 22 Öfen überragt.
Im Inneren legte Brune das Haupttreppenhaus vorn rechts an, zwei weitere enge Spindeltreppen lagen an den Enden der Flure des Vorderhauses. Alle Innenwände bestanden aus Fachwerk mit Lehmsteinausmauerung. Im Einzelnen geben Brunes Grundrisse Auskunft über die verschiedenen Funktionen (Beschreibung von hinten rechts nach hinten links): Im Souterrain Badestube, Waschküche, zwei Arbeitsstuben, zwei Strafgefängnisse für Frauen, Treppe, Speisekammer, Küche, Backstube, gewölbter Keller, Balkenkeller, Küche für den Werkmeister, Speisekammer, Strafgefängnis für Männer, Treppe, Speisesaal für Männer, desgleichen für Frauen, zwei Strafgefängnisse für Männer, Schmiede, zwei Arbeits- und Gesindestuben, an beiden Enden an den inneren Ecken je ein Abtritt. Im Erdgeschoss Kammer und Stube für die Lithographische Anstalt, in der Gefangene arbeiteten, zwei Stuben für Handwerker, zwei Isolierstuben für Frauen, Stube zu reiner Wäsche, Treppe, Kammer für die Haushälterin, Stube für dieselbe, Gesindestube, Flur, zwei Stuben für den Werkmeister, zwei Kammern für denselben, Schreibstube für denselben, Schlafkammer für die Magd, Treppe, Schlafkammer für den Knecht, zwei Krankenstuben, zwei Isolierstuben, Kammer für unreine Wäsche, Arbeitsstube, außerdem an beiden Enden je zwei Abtritte.
Im Obergeschoss fünf Schlafkammern für Frauen, Krankenstube für dieselben, Stube für unreine Wäsche, Kammer, Treppe, Arbeitssaal für Frauen, Kammer für Arbeitsutensilien, zwei Materialien-Kammern, Arbeitssaal für Männer, Raum für Arbeitsutensilien, Kinderstube, Betsaal, Treppe, neun Schlafsäle für je vier Männer, außerdem an beiden Enden je zwei Abtritte. Insgesamt gab es 76 Räume zuzüglich der Abtritte.
1871 wurde das Strafwerkhaus an die Militärbauverwaltung verkauft und als Kaserne II genutzt. 1945 brannte es nach einem Brandbombentreffer aus. Nach 1951 wurde es nach Wiederherstellung und Aufstockung als Regierungsgebäude II genutzt, seit dem Umzug der Bezirksregierung in deren Neubau an der Leopoldstraße dient es als Arbeits- und Sozialgericht.
Inschriften
Eigentümer*innen, Bewohner*innen
In dem Gebäude hatte auch Christian Dietrich Grabbe sein Auditeurbüro.
1871 an die Militärbauverwaltung verkauft, Nutzung als "Kaserne II".
1951 Regierungsgebäude II.
1961 Arbeits- und Sozialgericht.
Literatur
St[erzenbach, Johann Conrad August], Ueber den Nutzen und die Nothwendigkeit eines Strafwerkhauses, sowohl in Hinsicht auf Sittlichkeit als auf öffentliche Sicherheit, besonders in Beziehung auf die Grafschaft Lippe, in: Intelligenzblätter 1802, Stück 7–10 vom 13. Februar bis 6. März.
St[erzenbach, Johann Conrad August], Lippe-Detmold. Das Strafwerkhaus daselbst, dessen Einrichtungen und Nutzen, in: Der Westfälische Anzeiger 8 (1802), Nr. 28 (6. April), Sp. 433–438, Nr. 29 (9. April), Sp. 454–458.
Gerhard Peters, Baugeschichte der Stadt Detmold, in: Geschichte der Stadt Detmold, Detmold 1953, S. 182–225.
Otto Gaul (Bearb.), Stadt Detmold, mit einer geschichtlichen Einleitung von Erich Kittel und Beiträgen von Leo Nebelsiek, Peter Berghaus und Konrad Ullmann (Bau- und Kunstdenkmäler von Westfalen; 48, Teil I), Münster 1968, S. 379.
Eckart Bergmann, Das klassizistische Stadtbild Detmolds, in: Erhard Wiersing (Hg.), Lippe im Vormärz. Von bothmäßigen Unterthanen und unbothmäßigen Demokraten (Sonderveröffentlichungen des Naturwissenschaftlichen und Historischen Vereins für das land Lippe; 35), Bielefeld 1990, S. 278–325 PDF, hier S. 315 f.
Joachim Kleinmanns, Preußischer Klassizismus in Lippe. Der lippische Landbaumeister Ferdinand Brune (1803–1857). Leben und Werk, Petersberg 2024.
Quellen
LAV NRW OWL: D 73 Tit. 4 Nr. 7269: Zeichnung zum Bau eines Strafwerkhauses, Brune 1826.
LAV NRW OWL, D 73 Tit. 4 Nr. 7270: Grundrisse zum neuen Strafwerkhaus, [Brune April 1827].
LAV NRW OWL, D 73 Tit. 4 Nr. 7271: Riss von dem alten Strafwerkhaus, [Brune] 1829.
LAV NRW OWL, D 73 Tit. 4 Nr. 7274.
LAV NRW OWL, L 92 B Nr. 182: Abtretung eines Teils der Meierei Johannettentaler Neuen Wiese und des Hüdepohlgartens wegen des neuen Strafwerkhauses vor dem Lemgoer Tor, 1826.
LAV NRW OWL, L 77 A Nr. 5698: Ankauf von Garten- und Wiesengrundstücken für das Strafwerkhaus, 1811–1838.
LAV NRW OWL, L 93 Nr. A Tit. 33 Nr. 6: Abtretung des Gartens am Hüdepohl zum Bau des neuen Strafwerkhauses, 1826.
LAV NRW OWL, L 77 A Nr. 5713: Bau eines neuen Strafwerkhauses, Bd. 1, 1826–1827.
LAV NRW OWL, L 77 A Nr. 5714: Bau eines neuen Strafwerkhauses, Bd. 2, 1827–1863.
LAV NRW OWL, L 77 A Nr. 5712: Baurechnungen zum Neubau des Strafwerkhauses, 1827–1857.
LAV NRW OWL, L 77 A Nr. 5720: Rechnungen der Steindruckerei im Strafwerkhaus, Bd. 1, 1826–1834.
LAV NRW OWL, L 77 A Nr. 5726: Umbau im Strafwerkhaus zur Trennung der jugendlichen Insassen von den übrigen, 1849–1870.
LAV NRW OWL, L 77 A Nr. 5730: Arbeitsräume für die Militärhandwerker, Vermietung des früheren Strafwerkhauses, 1870–1875.
LAV NRW OWL, L 75 IV. Abt. 7 Nr. 20: Ankauf des Detmolder Strafwerkhauses seitens des Militärfiskus, 1871–1872.
LAV NRW OWL, L 77 A Nr. 5731: Verkauf des Strafwerkhauses an die preußische Militärverwaltung, 1871–1891.
LAV NRW OWL, L 77 A Nr. 2284: Unterhaltung des Strafwerkhauses zu Detmold, 1872–1875.
LAV NRW OWL, L 77 A Nr. 5732: Plan zur Nutzung des Strafwerkhauses zu Detmold als Regierungsgebäude, 1873.
LAV NRW OWL, D 75 Nr. 6595: Fotografie, ausgebrannte Kriegsruine, Ansicht von Nordwesten (1945).