Friedrichstaler Kanal (Detmold)

Aus lippe-haeuser-wiki.de
Zur Navigation springen Zur Suche springen
Friedrichstaler Kanal (Detmold)
OrtsteilDetmold (Kernstadt)
Karte

Der Friedrichstaler Kanal ist ein vom Burggraben über den Vorplatz am Hornschen Tor und von dort in einem neu angelegten, fast schnurgeraden 8 m breiten Bett nach Süden bis zum Fuß der Friedrichstaler Anlagen am Büchenberg, wo er an der Viertürme-Insel nach knapp 2 km endete.

Charakteristik

"Plan de Friedrichs-Thal avec le canal", Anfang 18. Jh., unbekannter Zeichner, LLB: 1 D 901
Karte des Landvermessers Johann Christoph Friemel, 1725–1728. Kopie von A. Berkemeier, 1887, am oberen Rand der Lustgarten Friedrichstal und die Viertürme-Insel, LLB: 1 D 90
Friedrichstaler Kanal mit Neustadt (links) und Allee (rechts), noch vorhanden die beiden Pfeiler der ehemaligen Zugbrücke, Ansicht von Norden, um 1850, LLB: GAB 364
Ansicht des Friedrichstaler Kanals vom Hornschen Tor aus, vor 1889, Foto: Theodor Kliem, LLB: HSA 5

Der Kanal nutzt bis zum Hornschen Tor den ehemaligen Wassergraben der mittelalterlichen Stadtbefestigung. Der erhebliche Höhenunterschied wurde durch 3 Schleusen überwunden, die am Bruchberg, vor dem Neuen Palais und an der späteren Oberen Mühle lagen. Die Kreuzung mit den Straßen am Bruchtor und vor dem Hornschen Tor erforderte den Bau von Zugbrücken. Hinter der Oberen Mühle weitete sich der Kanal zu einem See, gefolgt von der Viertürmeinsel und dem Terrassengarten Friedrichstal mit der später zum Mausoleum umgebauten Grotte, Wasserkünsten und der Orangerie Krummes Haus.

Das 8 m breite Kanalbett ist von Bruchsteinmauern eingefasst und war ursprünglich beidseitig mit einer doppelten Reihe beschnittener Linden eingefasst. Der Kanal wurde von der Berlebecke (Knochenbach) gespeist, die dazu im Bereich der Inselwiese aufgestaut wurde. Dazu war in Höhe der heutigen Oberen Mühle quer durch das Tal ein Damm aufgeschüttet worden. Oberhalb entstand dadurch ein kreisrund gefasster See mit einer ebenso kreisrunden Insel, in welche an der Ostseite ein sechseckiges Hafenbecken eingeschnitten war. Auch diese Insel war mit einer doppelter Lindenreihe begrenzt. Vom westlichen Rand dieses Sees führte der Kanal, weiterhin von Linden flankiert, zu seinem Ende an der quadratischen Viertürme-Insel unterhalb der Grotte. Diese Insel war eine "illusionäre Wasserschlosskulisse"[1]

Drei Schiffe wurden für diesen Kanal gebaut: zwei unterschiedlich große Kähne für die Lustpartien, die vermutlich gestakt wurden, und ein Lastenkahn ("Teckschuit"), der mit Pferden getreidelt wurde (was nur zwischen Kanal und Linden auf einem schmalen Streifen möglich war). Hendrick Kock erscheint nun als “Schiffer“ in den Akten.

Von Anfang an gab es Probleme mit der Anlage: Maulwürfe unterhöhlten den Damm, die Uferbefestigungen gaben nach, die Schleusen waren undicht und auch die Schiffe, was ständige Unterhaltszahlungen notwendig machte, bis die "Spielerei"[2] 1748 aufgegeben wurde.

Der Friedrichstaler Kanal ist Bestandteil des Friedrichstaler Lustgartens. Als dessen Vorbild gilt das Schloss von Versailles mit seinen italienischen Terrassen, französischen Gärten und holländischen Kanälen. Immerhin hatte Graf Friedrich Adolf (regierte ab 1697) auf seiner "Tour de Cavaliers" die Niederlande und Versailles kennengelernt und auch dem französischen König Ludwig XIV. seine Aufwartung gemacht. Später stand er diesem als Obrist mit seinem Regiment in den Niederlanden gegenüber. Mit der Realisierung dieses anspruchsvollen und für die kleine Grafschaft ambitionierten Bauprogramms trieb Graf Friedrich Adolf das Land an den Rand des Ruins. Sein Bruder Ferdinand Christian bemerkte "Mein Bruder liebte das Maßlose, sie [seine zweite Gemahlin Amalie] noch mehr"[3] Die Baumaßnahmen sind im Zusammenhang mit dem 1714 in Wien beantragten Fürstentitel zu sehen, der zwar verliehen wurde, aber erst Jahrzehnte später, 1789, bezahlt und damit geführt werden konnte.

Untere Schleuse am Bruchberg

Hier mussten die Schiffe vom Schlossgraben auf die Höhe des Wallgrabens geschleust werden. Steine der Schleusenkammer sind noch in der Uferbefestigung erhalten. Außerdem wurde hier eine Zugbrücke für den Weg auf die Hude angelegt, die sich bis zum Gut Braunenbruch ausdehnte. Die Pfeiler der Brücke blieben noch bis zur Stadterweiterung an dieser Seite der Stadt ab 1870 erhalten.

Brücke vor dem Hornschen Tor

Hier trafen der Stadtgraben und der neue Kanal aufeinander und ergaben eine etwas größere Wasserfläche, von welcher auch der Feuergraben abging, welcher Rinnen in den Straßen der Stadt mit Wasser versorgte. Auch befand sich hier eine Treppe zu einem Waschplatz. 1704 Bau einer Zugbrücke wie am Bruchberg durch Cord Kramer, für den Weg nach Hiddesen. Nach Einstellung der Schifffahrt Mitte des 18. Jahrhunderts erfolgte der Bau einer festen Brücke, doch blieben die beiden Pfeiler der Zugbrücke noch lange stehen. Erst im letzten Viertel des 19. Jh. mit der westlichen Stadterweiterung und der Verbindung der Hornschen Straße mit der Weinbergstraße und der dem Verkehr angemessenen Verbreiterung fielen die alten Zugbrückenpfeiler.

Mittlere Schleuse am Neuen Palais

Von der mittleren Schleuse in seitliche Mauern erhalten. Der Höhenunterschied wird in dem dortigen Wasserfall sichtbar. Mitte des 19. Jh. machte sich der Architekt Wilhelm von Meien diesen Höhenunterschied nutzbar für den Betrieb einer Francis-Turbine, welche die Wasser-Reservoire der Wasserkünste im Palaisgarten speiste.

Obere Schleuse

Am besten erhalten ist die Obere Schleuse, die Mitte des 18. Jh. für den Betrieb der hier erbauten Wassermühle genutzt wurde.

Runder See mit Insel und Hafenbecken

Viertürmeinsel

Die Viertürmeinsel war geplant mit einem quadratischen Lustschloss mit großem Saal, an den Ecken kleine Pavillons. 1701 bis 1704 konnten aber wegen Geldmangels nur die vier Ecktürmchen errichtet werden. Aufgrund der Baurechnungen nimmt Salesch hölzerne Bauten mit Glasfenstern und Schieferdächern an.[4] 1748 wurde der Abbruch der Türme durch Graf Simon August angeordnet, Verkauf der Steine. Nach 1774 Verfüllung der Kanäle oberhalb der Oberen Mühle, die Berlebecke erhielt ihr heutiges Bett. Im 20. Jh. Anlage eines Sees, der wieder trockengelegt wurde. Anfang des 21. Jh. Anlage des jetzt vorhandenen Sees.

Name

Benannt nach dem Zielort Friedrichstal.

Geschichte

Erbaut 1701–1704 von dem holländischen Wasserbauingenieur Hendrick Kock. Amtmann Anton Henrich Küster hielt im "Diarium Lippiacum" fest: "Im Anfange dieses 1701ten Jahres haben Ihre Hochgräffl. Gnd. unser regierender Herr Graff Friedrich Adolf den neuen Canal zur Schiffahrt auszuwerfen anfangen lassen, und ist derselbe in Anno 1704 mit der Insel beym Fridrichs-Thal und dreyen kostbahren und mit lauter Hausteinen ausgemaurten und besetzten tieffen Schleußen und zween Zugbrücken für dem Hornschen und Bruchthore fertig geworden. In dem 1705ten und folgenden Jahren haben ihre Hochgräffl. Gnd. die doppelten Hecken und schönen Allleen auf beyden Seiten des Canals von Linden, Wallnußbäumen und sonsten anlegen und pflantzen laßen. Im Jahr 1707 und folgenden Jahren biß hiehin (ich schreibe 1729) sind die Häuser auf der Neustadt zu Detmold gebauet worden."

Literatur

Friedrich Richter, Ausgewählte Kapitel aus Detmolds Vergangenheit seit 1700, in: Erich Kittel (Hg.), Geschichte der Stadt Detmold, Detmold 1953, S. 321–343., hier S. 321–331.

Gerhard Peters, Baugeschichte der Stadt Detmold, in: Geschichte der Stadt Detmold, Detmold 1953, S. 182–225, hier S. 187 ff.

Otto Gaul (Bearb.), Stadt Detmold, mit einer geschichtlichen Einleitung von Erich Kittel und Beiträgen von Leo Nebelsiek, Peter Berghaus und Konrad Ullmann (Bau- und Kunstdenkmäler von Westfalen; 48, Teil I), Münster 1968.

Martin Salesch, Die barocke Vorstadt- und Gartenanlage Detmold-Friedrichstal, in: Westfalen 78 (2000), S. 499–514..

Andreas Ruppert, Der Friedrichstaler Kanal in Detmold (Lippische Kulturlandschaften; 14), Detmold 2009.

Quellen

"Plan de Friedrichs-Thal avec le canal", Anfang 18. Jh.

Karte des Landvermessers Johann Christoph Friemel, 1725–1728. Kopie von A. Berkemeier, 1887, LLB: 1 D 90

Weblinks

Einzelnachweise

  1. Gerhard Peters, Baugeschichte der Stadt Detmold, in: Geschichte der Stadt Detmold, Detmold 1953, S. 182–225.
  2. Andreas Ruppert, Der Friedrichstaler Kanal in Detmold (Lippische Kulturlandschaften; 14), Detmold 2009, S. 4.
  3. zit. nach Andreas Ruppert, Der Friedrichstaler Kanal in Detmold (Lippische Kulturlandschaften; 14), Detmold 2009, S. 3.
  4. Martin Salesch, Die barocke Vorstadt- und Gartenanlage Detmold-Friedrichstal, in: Westfalen 78 (2000), S. 499–514..

Autor*innen

Joachim Kleinmanns