Allee 1 (Detmold)
Allee 1 (Detmold) | |
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Ortsteil | Detmold (Kernstadt) |
Straße | Allee (Detmold) |
Hausnummer | 1 |
Karte | |
Adressbuch von 1901 | |
Gemeinde | Detmold |
Hausnummer | C 142 |
1818 [i] gegründete und erbaute Hausstätte, ehem. Quartiernummer: C 142, in Gärten der Kammer erbaut.
Geschichte
"Schon früh bestand die Überlegung, die westliche Seite des Kanals nicht nur durch die Lindenreihen und die dahinter liegende Allee zu gestalten, sondern sie ebenfalls zu bebauen und ein Pendant zur Neustadt zu schaffen. 1722 hatte der hugenottische Arzt Dr. Jean Vincent die Errichtung einer 'Faubourg de la ville de Detmold' vorgeschlagen, mit Kolonistenhäusern zur Ansiedlung französischer Handwerker und mit einer dem Schloss Favorite gegenüber liegenden französischen Kirche." Die französische Gemeinde hatte allerdings Lippe bereits 1716 verlassen. Die Idee "hinter der Allee eine zweyte Neustadt aufzuführen", um Landesbedienstete angemessen unterzubringen, realisierte erst Fürstin Pauline. Sie finanzierte den Bau der ersten Hauses Allee 1 durch eine Lotterie mit einem Lospreis von 5 Reichstalern.[1] Es wurde 1818/19 erbaut und im März 1820 verlost.[2] [3]
Der Entwurf des Hauses stammt, abweichend von bisherigen Annahmen, wohl von dem Lemgoer Geometer Heinrich Overbeck. Kammerrat Gerke bescheinigte dies 1819: "Derselbe [Overbeck] ist auch ganz dazu geeignet von neuen Bauten Risse und Anschläge anzufertigen, wie seine Zeichnungen von dem neuen Gebäude an der Allée und von der Brücke bei Heerse zeigen."[4] [5] Mit dem Gebäude an der Allee war das von Pauline durch die Lotterie finanzierte erste und bis dahin einzige Haus dort gemeint.
Heinrich Christian August Overbeck (* 1.8.1786 in Lippstadt, † 4.4.1852 in Lemgo) war seit 1808 als Feldmesser (Geometer) gegen Diäten beschäftigt. 1819 wurden ihm versuchsweise auf ein Jahr die Geschäfte beim Wasser- und Brückenbau übertragen. 1824 als Wegebaukommissar zum Bau-Commissair (ohne fixes Gehalt, gegen Diäten) ernannt.
Am 8. Juni 1818 "wurde der Anfang mit dem Bau eines neuen Hauses an der Allee gemacht, worüber der Rath von Meien, Cammerrath Gerke und Lieutenant Steffen die Aufsicht hatten."[6]
Pauline konnte die Baukosten nicht vollständig aus dem Losverkauf decken, sondern musste 500 Taler aus einem Sonderfonds zuschießen. Die Lotterie gewann Bauer Noltemeyer aus Bremke, der das Haus nicht selbst nutzte, sondern 1820 für 5.500 Taler versteigern ließ.
Ersteigert wurde es vom Rat August Antze (†1851), der im folgenden Jahr 1821 das anschließende, gleichartige, wenn auch schlichter gestaltete Haus Allee 3 erbauen ließ.[7] [8]
Gebäude
Traufständiger, klassizistischer Putzbau mit Werksteingliederung. Keller und zwei Wohngeschosse (Hochparterre). 7 Achsen breit, 4 tief. In der Mitte der Front doppelläufige Freitreppe und Säulenportikus mit vier dorischen Säulen, darüber Balkon. Tür mit Jahreszahl 1818. Halbwalmdach. Links am Haus Hofeinfahrt mit zwei kugelbekrönten Torpfeilern. Die Rückfront später durch Anbau verändert.
Der auf dem Los dargestellte, offenbar geplante dreiachsige Mittelrisalit mit flachem Dreiecks-Giebel wurde realisiert, wohl aber der Säulenportikus. Nach Peters der erste klassizistische Bau in Detmold.[9]
1884 bestand das Wohnhaus aus 15 Wohn- und Schlafräumen, umfangreichen Keller- und Bodenräumen mit Dachstuben und verschiedenen kleineren Gelassen, abgeschätzt zur Brandkasse zu 59.900 Mark, hinzu kamen eine Remise zu 2.100 Mark sowie der Hausgarten (ca. 2 Scheffelsaat) mit Gewächshäusern, letztere abgeschätzt zu 5.100 Mark.[10]
Balkon in der südlichen Achse nachträglich.
Als Baudenkmal am 11.9.1987 eingetragen in die Denkmalliste der Stadt Detmold, Nr. 235.
Inschriften
Über dem Eingang: 1818
Eigentümer*innen, Bewohner*innen
1818 Bauer Noltensmeyer aus Bremke (Gewinner der Lotterie).
1820 August Antze, Fiskal, Rat († 1851).[11]
1851 Erbin Tochter Auguste Antze (1810–8.12.1883), seit 1830 verh. mit Franz von Donop (1803–1874), Fürstl. Lipp. Kammerherr und Hofjägermeister. Auguste verfügte in ihrem Testament, da ohne leibliche Erben, ihren gesamten Besitz einschließlich der beiden Häuser an der Allee meistbietend zu verkaufen.[12] [13] Aus dem Geld sei ein Fonds zu bilden, der zwischen Konsistorium (für einen Kirchenbau in Detmold) und Stadt (für die geplante Wasserleitung und einen Brunnen auf dem Marktplatz) zu teilen sei. 1901/02 wurde davon der Donopbrunnen (Detmold) errichtet. Auguste von Donop bewohnte das Haus bis zu ihrem Tod 1883.
1883 durch Erbschaft an die Stadt Detmold und das Konsistorium, anschl. Verkauf.[14]
1887 (Adressbuch) neuer Eigentümer: Franz von Laer, Major; Bewohner: von der Gröben, Oberstlieutenant.
1891 (Adressbuch) von Laer, Oberstlieutenant a. D.
1894 (Adressbuch) von Laer, Oberstlieutenant a. D.
1897 (Adressbuch) von Laer, Oberstlieutenant a. D.
1901 (Adressbuch) von Laer, Oberstleutenant a. D.
1904 (Adressbuch) von Laer, Oberstleutenant a. D.
1907 (Adressbuch) Franz von Laer, Oberstleutenant a. D.
1909 (Adressbuch) von Laer, Oberstleutenant a. D.
1912 (Adressbuch) von Lahr, Oberstleutenant a. D.
1914 (Adressbuch) Franz von Laer, Oberstleutenant a. D.
1918 (Adressbuch) Franz von Laer, Oberstleutenant a. D.
1920 (Adressbuch) Franz von Laer, Oberstleutenant a. D.; Otto Luckwald, Pensionär-Oberst.
1923 (Adressbuch) Franz von Laer, Oberstleutenant a. D.; Herbert von Laer, Major a. D.; Asta Luckwald, Oberst-Witwe.
1926 (Adressbuch) Eigentümerin: Frau von Laer, Kassel; Bewohner*innen: Herbert von Laer, Major a. D.; Asta Luckwald, Oberstwitwe; Luise Hagemeister, Pensionsinhaberin; Eberhard Hennig, Schauspieler; Hermann Heepke, Kaufmann.
Literatur
Gerhard Peters, Baugeschichte der Stadt Detmold, in: Geschichte der Stadt Detmold, Detmold 1953, S. 182–225.
Otto Gaul (Bearb.), Stadt Detmold, mit einer geschichtlichen Einleitung von Erich Kittel und Beiträgen von Leo Nebelsiek, Peter Berghaus und Konrad Ullmann (Bau- und Kunstdenkmäler von Westfalen; 48, Teil I), Münster 1968.
Eine Detmolder Hausverlosung vor 100 Jahren, in Vaterländische Blätter 1924, Nr. 23, Beilage zur Lipp. Landeszeitung vom 25.11.1924
Quellen
StadtA DT, DT Manuskripte Nr. 19: Ingeborg Kittel (Bearb.), Detmolder Häuserbuch.
LAV NRW OWL, L 77 A / Lippische Regierung (Ältere Registratur) - Allgemeine und innere Verwaltung, Nr. 168, enthält u. a. Finanzierung des Hausbaus in der Allee (Neustadt Detmold), 1818–1822
LAV NRW OWL L 77 B / Lippische Regierung - Fürstliche Abteilung, Nr. 392: Lotterie zur Finanzierung des neuen Hauses an der Allee auf der Detmolder Neustadt, 1818–1820
LAV NRW OWL L 77 B / Lippische Regierung - Fürstliche Abteilung, Nr. 393: Belege zur Lotterie zur Finanzierung des neuen Hauses an der Allee (Haus Nr. 1), 1818–1821; enthält u. a. 5 Originallose
LAV NRW OWL L 77 B / Lippische Regierung - Fürstliche Abteilung, Nr. 394: Rechnungen für die Arbeiten an der Allee (Haus Nr. 1), 1818–1821
LAV NRW OWL, L 92 A / Lippische Rentkammer - Allgemeine Kammersachen, Nr. 4268: Anweisung von Baumaterialien für das neue Haus hinter der Allee (heute: Allee 1) [siehe auch Nr. 4278], 1818–1819
LAV NRW OWL, L 92 A / Lippische Rentkammer - Allgemeine Kammersachen, Nr. 4269: Verlosung des neben der Allee neu erbauten Hauses durch die Rentkammer, 1819–1820, darin: Bekanntmachung der Verlosung, 24.2.1819, 37 Original-Lose
LAV NRW OWL, L 92 A / Lippische Rentkammer - Allgemeine Kammersachen, Nr. 4278: Erbauung eines neuen Hauses hinter der Allee (heute: Allee Nr. 1),Entschädigung der Witwe Sigges und des Fassbinders Drave für ihre Erbpachtstücke, 1818–1823, 1843, 1885–1890, enthält u. a.: Bekanntmachung der Verlosung, 24. Februar 1819; Protokoll der Versteigerung, Juni 1820
L 92 A / Lippische Rentkammer - Allgemeine Kammersachen, Nr. 4275: Überlassung eines Platzes an der Allee zur Erweiterung des Gartens an Hofagent Raphael Levi, danach Rat Antze u. a., zuletzt Oberst Graf Schlieffen, 1789, 1833, 1887–1894
LAV NRW OWL, D 72 Emmighausen: Tagebuch Emmighausen, Einträge 8.6.1818 und 22.1.1821
Bekanntmachung wegen Verloosung des Hauses in Detmold, in: Fürstlich Lippisches Intelligenzblatt, Nr. 29 (17.7.1819)
Bekanntmachung der Haus-Verloosung in Detmold, in: Fürstlich Lippisches Intelligenzblatt, Nr. 51 (18.12.1819)
Verkauf des verloosten Hauses, in: Fürstlich Lippisches Intelligenzblatt, Nr. 23 (3.6.1820)
Verkauf des verloosten Hauses, in: Fürstlich Lippisches Intelligenzblatt, Nr. 22 (27.5.1820)
Bildquellen
Ferdinand Düstersiek, um 1900 (LLB: BADT-14-37)
Wilhelm Pecher, um 1900 (LLB: BA SP-DT-INS-62)
Wilhelm Pecher, um 1920, Ausschnitt Eingang (LLB: BASP-DT-AL-8)
Weblinks
Einzelnachweise
- ↑ Andreas Ruppert, Der Friedrichstaler Kanal in Detmold (Lippische Kulturlandschaften; 14), Detmold 2009, S. 13 f.
- ↑ Gerhard Peters, Baugeschichte der Stadt Detmold, in: Geschichte der Stadt Detmold, Detmold 1953, S. 182–225, S. 200 f., mit Abb.}}
- ↑ Bekanntmachung der Haus-Verloosung in Detmold, in: Fürstlich Lippisches Intelligenzblatt, Nr. 51 (18.12.1819.
- ↑ Joachim Kleinmanns, Preußischer Klassizismus in Lippe. Der lippische Landbaumeister Ferdinand Brune (1803–1857). Leben und Werk, Petersberg 2024.
- ↑ LAV NRW OWL, L 92 R Nr. 132, fol. 14.
- ↑ LAV NRW OWL, D 72 Emmighausen, Tagebuch.
- ↑ LAV NRW OWL, L 77 B Nr. 392 bis 394.
- ↑ LAV NRW OWL, L 92 A Nr. 4278.
- ↑ Gerhard Peters, Baugeschichte der Stadt Detmold, in: Geschichte der Stadt Detmold, Detmold 1953, S. 182–225.
- ↑ Lippische Landes-Zeitung Nr. 29 (4.2.1884).
- ↑ StadtA DT, DT Manuskripte Nr. 19: Ingeborg Kittel (Bearb.), Detmolder Häuserbuch.
- ↑ StA DT, D 23 Detmold Nr. 925.
- ↑ Lippische Landes-Zeitung Nr. 296 (17.12.1883).
- ↑ Lippische Landes-Zeitung Nr. 29 (4.2.1884).