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Erlöserkirche (Detmold): Unterschied zwischen den Versionen
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Vermutlich nach 836 unter Corveyer Einfluss gegründete Kirche mit dem Patrozinium des Hl. Vitus, möglicherweise aber auch die Ende des 8. Jahrhunderts in Thiotmalli gegründete Kirche, der Papst Leo 799 einen Altarstein stiftete. Siehe dazu [[Kirche in | Vermutlich nach 836 unter Corveyer Einfluss gegründete Kirche mit dem Patrozinium des Hl. Vitus, möglicherweise aber auch die Ende des 8. Jahrhunderts in Thiotmalli gegründete Kirche, der Papst Leo 799 einen Altarstein stiftete. Siehe dazu [[Kirche in Theotmalli]]. Um 1300 (?) Neubau des Chores, um 1380–1400 das westliche Joch nach Norden und Süden um 1 Joch verbreitert, 1547–1564 ebenso das östliche Joch.<ref>{{GaulStadt1968}}, S. 97.</ref> | ||
Unter bischöflichem Patronat, Anfang des 13. Jahrhunderts zum Archidiakonat des Paderborner Domprobstes gehörend, 1264 selbständig und im 14. Jahrhundert dem Archidiakonat Lemgo angegliedert. Aus dem Mittelalter wenige Informationen. Es wurden 4 Altäre erwähnt: Katharinenaltar (mehrfach seit 1443), Altar der Heiligen Engel (1464), Marienaltar (1488) und Hubertusaltar (1526). Schäden durch die Soester Fehde (1447) und den Stadtbrand (1547) werden vermutet.<ref>{{GaulStadt1968}}, S. 91.</ref> | Unter bischöflichem Patronat, Anfang des 13. Jahrhunderts zum Archidiakonat des Paderborner Domprobstes gehörend, 1264 selbständig und im 14. Jahrhundert dem Archidiakonat Lemgo angegliedert. Aus dem Mittelalter wenige Informationen. Es wurden 4 Altäre erwähnt: Katharinenaltar (mehrfach seit 1443), Altar der Heiligen Engel (1464), Marienaltar (1488) und Hubertusaltar (1526). Schäden durch die Soester Fehde (1447) und den Stadtbrand (1547) werden vermutet.<ref>{{GaulStadt1968}}, S. 91.</ref> |
Version vom 23. April 2024, 06:38 Uhr
Erlöserkirche (Detmold) | |
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Ortsteil | Detmold |
Straße | Marktplatz (Detmold) |
Hausnummer | |
Karte | |
Adressbuch von 1901 | |
Gemeinde | Detmold |
Hausnummer | - |
Lage im Stadtzentrum, jedoch ursprünglich hinter dem Rathaus, seit 1830 im Winkel zwischen neuem Rathaus und Schlossbezirk, der schon früher aufgegebene Kirchhof seitdem zum erweiterten Marktplatz umgewidmet.
Die Kirche ist nur annähernd mit ihrem Chor nach Osten ausgerichtet, da sie parallel zur nach Südosten abweichenden Ost-West-Straßenachse erbaut wurde.
Geschichte
Vermutlich nach 836 unter Corveyer Einfluss gegründete Kirche mit dem Patrozinium des Hl. Vitus, möglicherweise aber auch die Ende des 8. Jahrhunderts in Thiotmalli gegründete Kirche, der Papst Leo 799 einen Altarstein stiftete. Siehe dazu Kirche in Theotmalli. Um 1300 (?) Neubau des Chores, um 1380–1400 das westliche Joch nach Norden und Süden um 1 Joch verbreitert, 1547–1564 ebenso das östliche Joch.[1]
Unter bischöflichem Patronat, Anfang des 13. Jahrhunderts zum Archidiakonat des Paderborner Domprobstes gehörend, 1264 selbständig und im 14. Jahrhundert dem Archidiakonat Lemgo angegliedert. Aus dem Mittelalter wenige Informationen. Es wurden 4 Altäre erwähnt: Katharinenaltar (mehrfach seit 1443), Altar der Heiligen Engel (1464), Marienaltar (1488) und Hubertusaltar (1526). Schäden durch die Soester Fehde (1447) und den Stadtbrand (1547) werden vermutet.[2]
Mit der Residenzwerdung Detmold 1511 nicht mehr nur Stadtkirche, sondern auch Hofkirche, die Sakristei seit 1629 landesherrliche Gruft (letztmals 1854). 1538 lutherisches Bekenntnis, 1605 erstes Abendmahl nach reformiertem Bekenntnis.
Turmneubau in der zweiten Hälfte des 16. Jahrhunderts. Anschließend, 1596, Anstellung zweier Turmwächter zur Verhütung von Stadtbränden angestellt, jedoch wegen der Kälte der Turmwohnung nur für wenige Jahre.
1908 mit Umzug der Stadtgemeinde in die neue Christuskirche ist die Erlöserkirche die Kirche der Landgemeinde Detmold, seit 1947 jedoch wieder der stark angewachsenen Stadtgemeinde Detmold-Ost.
Restaurierungsarbeiten 1908 (u. a. farbige Fenster), 1956/57 (u. a. Abendmahlstisch, Gewölbeschlusssteine) und seit 2022.
Gebäude
Dreischiffige Hallenkirche, 2 Joche lang mit gerade geschlossenem Chorjoch. Die Langhausjoche mit Quersatteldächern.
Der Westturm ab 1564 an die Südseite versetzt (vor das östliche Joch), 1579 der Turmschaft aufgemauert, 1592 der Turmhelm mit Laterne vollendet. Länge 33,3 m, Breite 27 m (mit Turm 35 m). Turmhöhe 23,2 m bis zur Traufe, bis zur Spitze des Helms 46 m. Dächer und Helm mit Schieferdeckung (Westjoche 1968 noch mit Höxterplatten).
Im nordöstlichen Winkel zwischen Schiff und Chor die 1692 zur Gruft umgenutzte Sakristei (Gerkammer). Im Westen vor dem Mittelschiff ein rechteckiger Vorbau, Gaul vermutet Sakristei.[3]
Verputzter Bruchsteinbau mit Werksteingliederungen aus Sandstein. Dem Lastabfluss der Gewölbe entsprechend rundum Strebepfeiler, an der Westseite 1564 [i]. Einfaches Sockelgesims, am Turm auch Stockwerksgesimse (Wasserschlag-Gesimse). Rundum in jedem Joch ein spätgotisches Maßwerkfenster, in Größe und Form uneinheitlich. Portale an der Südseite im Turm und im äußersten westlichen Ende, an der Nordseite inmitten des nordöstlichen Jochs (Zugang des Hofes). Ein weiterer Zugang im westlichen Vorbau.
Im Inneren steile Kreuzgratgewölbe mit breiten Gurtbögen, das nordwestliche Joch jedoch mit Kreuzrippen. Gedrungener Raum mit zwei 2,5 m niedrigen kreuzförmigen Pfeilern, 9 m bis zum Gewölbescheitel. Ohne den Chor nur 18 m lang bei 24,7 m Breite.
Im Westen im Bereich des Mittelschiffs sind Reste der ehemaligen Turm-Ostseite erhalten, 1,9 m starkes Mauerwerk.
Ausstattung
Zelebrantensitz (Sedilie) aus vorreformatorischer Zeit, an der Südseite des Chors.
Kanzel mit Schalldeckel, 2. Hälfte des 17. Jahrhunderts.
Taufstein 1579 [i] mit Messingschale (Inschrift s. u.).
Orgel an der Westseite des Mittelschiffs, 1791–1796 von Johann Markus Oestreich, Oberbimbach bei Fulda, erbaut, dabei 4 Register aus der Vorgängerorgel von C. Lohoff (1651) übernommen. Restaurierungen 1975/76 und 1985.[4]
Priechen (Emporen), schon 1677 durch den Bericht des Amtmanns Küster über deren Einsturz belegt.[5] Diese älteren Priechen 1829 durch die heute vorhandenen ersetzt. Ägyptisierende Blattkapitelle, darüber auf dem Gebälk Lippische Rosen.
Ornamentale farbige Fensterverglasung, 1908 durch Ferdinand Müller, Quedlinburg [i], hergestellt. Das Fenster an der Fürstenempore im Nordosten eine Stiftung Leopolds IV.
Gewölbeschlusssteine als Mosaiken, 1957 von Karl Ehlers.
In der Turmhalle Epitaph der Margarethe von Schwarz, geb. von Kerssenbrock († 1567), vielleicht von Hermann Wulff. Dargestellt sind zu beiden Seiten eines Kreuzes die betenden Figuren des Drosten Adolf Schwarz zu Braunenbruch († 1601) und seiner Frau, darunter in einer Rollwerkkartusche eine Inschrift (s. u.).
In der Turmhalle Epitaph der Anna von Zerssen, geb. von Werpup († 1586), Gemahlin des 1541 ermordeten Levin von Zerssen. Darstellung aller Familienangehörigen und von 16 Ahnenwappen. Darunter Inschrift (s. u.).
Truhe mit Eisenbeschlägen und drei Schlössern (Opferkasten), um 1600, unter der Kanzel.
Bei der Kanzel zwei ovale Sandsteintafeln mit den Namen der Gefallenen der Gemeinde in den Kriegen 1866 und 1870/71 (Inschriften s. u.).
An der Nordwand des Chores Kriegerdenkmal (hölzerne Namenstafeln) für die Gefallenen der Landgemeinde im Ersten Weltkrieg.
Glocken: In der Laterne Bronzeglocke, 1456 [i] von (Johannes?) Volckers gegossen. Am oberen Rand umlaufende Minuskel-Inschrift (s. u.), in der Glockenstube Feuerglocke, 1568 von Hans Rabe in Bronze gegossen [i]. Inschrift am oberen Rand (s. u.). Friedensglocke, 2005 gegossen.
Turmuhren an allen vier Seiten am unteren Kuppelansatz.
Inschriften
Am Turm (über dem Fenster des ersten Turmgeschosses, unmittelbar unter dem ersten Wasserschlaggesims, Südseite): 1564
Am Westeingang: "Alle meine Gebeine sagen: Herr, wer ist Dir gleich? (Psalm 35,10)".
Am Taufstein: "ANNO DOMINI 1579", auf der Taufschale: "DORCH DAT BADT DER WEDDERGEBORT VND VORMINGE DES HILLIGEN GEISTES DEN HE RICKLIKEN UTH GEGATEN HEFT AVER VNS DORCH IHESVM CHRISTVM. TITO 3" (Durch das Bad der Wiedergeburt und Erneuerung des Heiligen Geists, welchen er ausgegossen hat über uns reichlich durch Jesus Christus. Titus 3, Vers 5–6).
Am Epitaph der Margarethe von Schwarz: "GRABSCHRIFT DER ERBARN VNDT TVGENTSAME MARGARETHEN VON KARSSENBROCK DES ERNVESTEN VND ERBARN ADOLF SWARTZEN HAUSFRAWN SO IM JAR 1567 DEN 29 JANUA SELIGLIG IM HERN ENTSLAFEN. HIE SLAFF ICH FRIDSAM VND HABS GUTH DEN MICH ERLÖST HAT CHRISTI BLVT MEIN LEIB ITZT IST OHN HERTZELEID DIE SEEL ABER LEBET IN EWIGKEIT DARVMB AN CHRISTVM HOFF IN NOT DER HILFFT GEWIS AVSSEM EWIGEM TODT HAT VNS AVCH ALL IN SEINER HUT WEN ELEIB VND SEEL SICH SCHEIDEN THVT".
Am Epitaph der Anna von Zerssen: "Hie ruhet im heren sanfft und weich Die Eddle und Vielthugentreich Anna ein Warpup geboren Hatt gelebt und gezeugt in sechs Jahren Mit ihrem Junckern im Ehestandt Levin von Zerssen woll genandt Rittermessig Vier Sonleinn Jobst (37) Simon (38) Niclas (40) vnd Levinn (41) Jobst auss Frankreich biss Münster kumpt Und (Anno 1558) da sein letzten ende nimbt Simon ein Venderich in Dennemark Ruhet (Ao 1563) zu Copenhagen im Sarck Ihr Vatter durch ein ungefahl Anno christi der minder zahl Viertzig ein Erstochen ist Der sehlen gnade O Herre Christ Hin bey Viertzig und fünff Jahr Sie Vatter vund Mutter wahr Ihrer weisen: die sie mit lehren Erzog in Gottes forcht vnd ehrn Trewete Gott hielt vleisig hauss Almosen theilte sie gerne auss Für eine hoffmeisterin letzt hie kam Zu hoff vnd ihren ende nam An welcher Zeit dis ist geschen Das liss auff hie gelegten stein."
Ovales Sandsteinmedaillon neben der Kanzel: "Gedenktafel für die im glorreichen Kriege 1866 gefallenen Krieger. Aus der Stadtgemeinde. Aug. Rohdewald, Major u. Bataill.-Commandeur, † Kissingen 10. Juli. / Aus der Landgemeinde. Conr. Reuter, Füsilier, † Kissingen 10. Juli. / Sim. Drewes, Füsilier, † Kissingen 10. Juli. / Jes. 55, 1,9. Philipp. 1,21."
Ein weiteres ovales Sandsteinmedaillon: "Gedenktafel für die im glorreichen Kriege Deutschlands gegen Frankreich 1870/71 gefallenen Krieger. / Aus der Stadtgemeinde. L. Barkhausen, Einj. Freiw. Inf. Reg. No. 55 † Dijon / L. Gellhaus, Se. Lieut. Inf. Reg. No. 49 † Pontalier / A. Grote, Drj. Freiw. Inf. Reg. No. 55 † Courielles / L. Hölzermann, Hauptm. Inf. Reg. No. 50 † Sulz / C. Horrmann, R. Lieut. Art. Reg. No. 9 † Verneville / Aus der Landgemeinde. C. Grabbe, Füsil. Inf. Reg. No. 55 † Metz / H. Herzog, Füsil. Inf. Reg. No. 55 † Cöln / S. Kottmann, Gefr. Inf. Reg. No. 55 † Forbach / F. Krukmeier, Füsil. Inf. Reg. No. 55 † Pont a Mousson / W. Kottmann, Musk. Inf. Reg. No. 55 † Chaumont / F. Plass, Gefr. Inf. Reg. No. 55 † Corne / T. Schwerter, Gefr. Inf. Reg. No. 55 † Pange / Ev. Johannes Cap. 11.25".
An der Laternen-Glocke: "ihesus xpc maria iohannes volckers me fecit Anno m ccc l vi".
An der Feuerglocke: "PSALM CL LAVET DEN HEREN WAT LEVET UP ERDEN MIT LOBGESANGE HELLEM TUMPLEN KLOCKENKLANGE. ANNO MDXXXXXXVIII HANS RABE".
Eigentümer*innen, Bewohner*innen
bis zur Reformation (1538) katholische St. Vitus-Kirche
seit 1511 nicht nur Stadt- sondern auch Hofkirche
1538–1605 luth. Kirche
1605–1908 ref. Stadtkirchengemeinde
1908–1947 ref. Landgemeinde Detmold
seit 1947 ref. Stadtkirchengemeinde Detmold-Ost
Literatur
Otto Gaul (Bearb.), Stadt Detmold, mit einer geschichtlichen Einleitung von Erich Kittel und Beiträgen von Leo Nebelsiek, Peter Berghaus und Konrad Ullmann (Bau- und Kunstdenkmäler von Westfalen; 48, Teil I), Münster 1968.
Jochen Schwabedissen, Erlöserkirche am Markt in Detmold (Lippische Kulturlandschaften; 31), Detmold 2015.
Hanns Peter Fink/Fritz Verdenhalven (Hg.), Das Diarium Lippiacum des Amtmanns Anton Henrich Küster (Lippische Geschichtsquellen; 22), Detmold 1998.
Alexander Wagner, Orgeln in Lippe (Sonderveröffentlichungen des Naturwissenschaftlichen und Historischen Vereins für das Land Lippe; 80), Detmold 2008.
Quellen
Weblinks
Einzelnachweise
- ↑ Otto Gaul (Bearb.), Stadt Detmold, mit einer geschichtlichen Einleitung von Erich Kittel und Beiträgen von Leo Nebelsiek, Peter Berghaus und Konrad Ullmann (Bau- und Kunstdenkmäler von Westfalen; 48, Teil I), Münster 1968, S. 97.
- ↑ Otto Gaul (Bearb.), Stadt Detmold, mit einer geschichtlichen Einleitung von Erich Kittel und Beiträgen von Leo Nebelsiek, Peter Berghaus und Konrad Ullmann (Bau- und Kunstdenkmäler von Westfalen; 48, Teil I), Münster 1968, S. 91.
- ↑ Otto Gaul (Bearb.), Stadt Detmold, mit einer geschichtlichen Einleitung von Erich Kittel und Beiträgen von Leo Nebelsiek, Peter Berghaus und Konrad Ullmann (Bau- und Kunstdenkmäler von Westfalen; 48, Teil I), Münster 1968, S. 91.}}
- ↑ Alexander Wagner, Orgeln in Lippe (Sonderveröffentlichungen des Naturwissenschaftlichen und Historischen Vereins für das Land Lippe; 80), Detmold 2008, S. 61–63.
- ↑ Hanns Peter Fink/Fritz Verdenhalven (Hg.), Das Diarium Lippiacum des Amtmanns Anton Henrich Küster (Lippische Geschichtsquellen; 22), Detmold 1998, 22. Juli 1677.