Tiergarten (Detmold): Unterschied zwischen den Versionen

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Version vom 30. November 2023, 08:25 Uhr

Fasanerie im Tiergarten bei Detmold, 1836/37 (auf dem Gelände des Freilichtmuseums). Ursprüngliche Wohnplatzbezeichnung: Tiergarten. Ursprünglich zur Gemarkung Heiligenkirchen gehörend, 1921 nach Detmold umgemeindet.

Geschichte

Die Fasanerie ist Teil des ummauerten Tiergartens am Büchenberg, den die Fürsten zur Lippe hier auf dem Gelände des barocken Lustgartens „Friedrichstal“ anlegten. Am 18. Januar 1836 erteilte Fürst Leopold II. der Rentkammer den Auftrag zur Anlage einer Fasanerie.[1] Grundlage war ein von Hofjägermeister von Donop erstelltes Gutachten,[2] welches wiederum auf einer Zeichnung der Fasanerie in Niederspier, südlich von Sondershausen in Thüringen, beruhte.[3] Ferdinand Brunes Entwurf folgte diesem Vorbild jedoch nicht. Seine Entwurfszeichnungen zeigen einen dreiteiligen eingeschossigen Putzbau.

25. Juni 1836 Einrichtung der Baustelle. Der Zuchtbetrieb konnte schon im Sommer 1837 aufgenommen werden.[4] Bis der Neubau soweit getrocknet und bewohnbar war, verging jedoch noch ein Jahr, so dass Fasanenwärter Römer und seine Familie erst im Sommer 1838 einzogen.

Nach dem ersten Winter (1837/38) stellte von Donop fest, dass das Winterhaus für die Fasanen ungeeignet war.[5] Es wurde daraufhin ein eigenes Winterhaus aus Fachwerk errichtet. Der Versuch, im Büchenberg Fasanen zu züchten, war nicht von Erfolg gekrönt. So gab man die Fasanenzucht nach wenigen Jahren wieder auf.

1849 übergab Fürst Leopold II. den Tiergarten mitsamt der Fasanerie seinem Sohn Woldemar. Das Fasaneriegebäude wurde nun als Gestüt für die fürstliche Pferdezucht genutzt. 1850 entstand gegenüber der Fasanerie das sogenannte Fouragehaus, ein Fachwerkgebäude ähnlicher Gestalt, in dem das Pferdefutter gelagert wurde.

Ab 1932 Planung und Bau eines Pferdestalls für die Reit- und Fahrschule (abgängig). Nach Überlassung an die SA 1934 Bau eines Mannschaftsgebäudes (abgängig).[6]

1936/37 Umbau des Mannschaftsgebäudes für eine 2/3-Bereitschaft der motorisierten Gendarmerie bzw. Straßenpolizei nach einem Musterbauplan des Reichsführers SS.[7][8] Umfasste auch einen Exerzierplatz, Sportplatz und Kleinkaliber-Schießstand.

1944 nicht realisierte Planung eines Luftschutzstollens für das Rheinisch-Westfälische Kohlensyndikat.[9]

1975 Umzug der Bereitschaftspolizei nach Schloß Holte-Stukenbrock, Bereitschaftspolizei-Abt. VII.[10]

Seitdem Nutzung des ehemaligen Fasanerie-Gebäudes durch das Westfälische Freilichtmuseum (jetzt: LWL-Freilichtmuseum) als Nachtwächter-Station und Magazin, seit 19903 wird hier eine Dauerausstellung zur historischen Nutzung des Gebäudes gezeigt. Abbruch des Fouragehauses und Pferdestalls 1975, Abbruch des Mannschaftsgebäudes um 2010.

Gebäude

Fasanerie Friedrichstal bei Detmold, Ansicht von Süden, rekonstruierter Zustand um 1905, 2011, Foto: Joachim Kleinmanns

Der klassizistische Baukörper ist streng symmetrisch aufgebaut; er besteht aus einem größeren rechteckigen Mittelbau (ca. 11,30 mal 8,00 m) und zwei seitlichen rechteckigen Flügeln (ca. 9,90 mal 5,80 m), jeweils eingeschossig und mit Satteldächern versehen. Die Vorderansicht weist nach Süden. An den Wohnbau in der Mitte schließen sich seitlich die beiden Stallflügel an. Inmitten der Wohnteilfassade befindet sich die kassettierte Haustür mit Oberlicht, zu der drei Sandsteinstufen hinaufführen. Zu jeder Seite der Tür gliedert ein großes gekuppeltes Fenster die Fassade. In den seitlichen Flügeln waren Balz-, Brut- und Aufzuchtkammern, das Winterhaus für die Fasanen, eine „Utensilienkammer“ sowie ein Stall für Schwein und Kuh zur Selbstversorgung untergebracht. Wie im 19. Jahrhundert üblich, ist im Stall ein Abort angelegt. Durch einen Mauerdurchlass rutschten die Fäkalien nach draußen in die Düngergrube vor der Giebelwand. Während die jeweils dem Wohnteil nächstgelegenen Räume Türen in der Vorderseite hatten, befanden sich die Türen der äußeren Räume nach Norden hin, also zur Rückseite. So öffneten sich die Brut- und Aufzuchtkammern für die Fasanen zur Sonne und den Freilaufgehegen, während der Geräteraum und der Viehstall davon unabhängig zu betreten waren. Kleinere, hochgelegene Fenster, jeweils der Tür gegenüber, ermöglichten eine gute Durchlüftung aller Ställe. In den Giebelseiten befanden sich Luken für die Dachböden und in der Ostseite eine kleine Öffnung zum Entmisten des dort gelegenen Viehstalls. Die rückwärtige Traufseite war weniger streng symmetrisch angelegt als die Vorderseite. Hier rückte die Küchentür, anders als die vordere Haustür, aus der Mittelachse nach Westen, da die Küche im Unterschied zum Hausflur ein großes Fenster neben der Küchentür benötigte.

Die Wohnung des Fasanenwärters und seiner Familie bestand aus einem Hausflur, der zur dahinterliegenden Küche führt, und Stube und Kammern seitlich. Gekocht wurde am offenen Herdfeuer auf einem gemauerten Herd mit Eisenrost. Ein Rauchfang ruhte auf seitlichen Mauervorlagen. Die Rückseite der Feuerstelle zur Schlafkammer hin war als Brandmauer aus Backstein gemauert. Auch der Rauch des Hinterladers, mit dem die Stube beheizt wurde, gelangte in den Rauchfang und wurde in einem Schornstein über Dach geführt.

Um 2000 Rekonstruktion des Zustandes um 1900 als Gestütswärter-Wohnung mit Zwerchhaus über dem Eingang.

Inschriften

Eigentümer*innen, Bewohner*innen

Eigentümer*innen:

ab 1836 Fürstliche Rentkammer

1918 Freistaat Lippe (Domänenabteilung)

1920 Verpachtung an den Verband Lippischer Pferdezüchter. Der Zuchtdirektor Dr. phil. Alfred Stender wohnte in Paderborner Straße 11.

1934 Reit- und Fahrschule, nach kurzer Zeit der SA überlassen (bis 1939).

1939 Verkauf an die Gendarmerie-Bereitschaft.

Bewohner*innen:

14.4.1837 Ludwig Römer von Berlebeck Nr. 40 zum Fasanenwärter in der Friedrichsthaler Fasanerie ernannt.[11], seit 12.2.1832 verheiratet mit Henriette Grote von Heiligenkirchen Nr. 38, Einzug jedoch erst im Sommer 1838.

ab 1849 Gestütswärter

1901 (Adressbuch) Fürstlicher Wagenmeister Philipp Meise.

1919 (Volkszählung) Pferdepfleger August Wehrmann, Ehefrau Henriette, Tochter Lina, Sohn Heinrich.

1926 (Adressbuch) Fohlenwärter August Wehrmann; Frl. Minna Wehrmann.

Literatur

Joachim Kleinmanns, Über Nutzen und Vorgehen archivalischer Bauforschung. In: Fritz Wenzel (Hg.), Jahrbuch 1994 des Sonderforschungsbereiches 315 „Erhalten historisch bedeutsamer Bauwerke“, Berlin 1996, S. 35–64.

Joachim Kleinmanns, „Fasanerie im hiesigen Thiergarten“. Zur Baugeschichte der fürstlich-lippischen Fasanerie auf dem Gelände des Freilichtmuseums, in: Stefan Baumeier und Jan Carstensen (Hg.), Beiträge zur Volkskunde und Hausforschung, 8, Detmold 1999, S. 105–122.

Joachim Kleinmanns, Preußischer Klassizismus in Lippe. Der lippische Landbaumeister Ferdinand Brune (1803–1857). Leben und Werk, Petersberg 2024.

Quellen

LAV NRW OWL, D 73 Tit. 4 Nr. 13412: Entwurf zur Anlage einer Fasanerie, Brune 1836.

LAV NRW OWL, D 73 Tit. 4 Nr. 13413: Entwurf zur Anlage einer Fasanerie, Brune.

LAV NRW OWL, L 93 B I Tit. 6 Nr. 28: Fasanerie im Büchenberg, 1836.

LAV NRW OWL, L 93 B I Tit. 6 Nr. 29: Erbauung eines Fasanerie-Hauses im Tiergarten, 1836

LAV NRW OWL, L 77 A Nr. 56: Forstpolizeiliche Anordnungen zum Schutz der Fasanerie im Büchenberg b. Detmold, 1837.

LAV NRW OWL, L 92 R Nr. 841: Bau einer Fasanerie im Tiergarten bei Detmold sowie Herrichtung der erforderlichen Wege, 1836–1840

LAV NRW OWL, L 92 R Nr. 840: Bauten und Reparaturen am Krummen Haus und Nebengebäuden sowie an den Anlagen im Büchenberg und an der Fasanerie im Tiergarten, Bd. 4, 1841–1909.

LAV NRW OWL, L 93 / Lippische Forstverwaltung und Forstgericht, Nr. B I Tit. 6 Nr. 29: Erbauung eines Fasanerie-Hauses im Tiergarten, 1836

LAV NRW OWL, L 93 B I Tit. 6 Nr. 34: Überlassung der Fasanerie und des Tiergartens an den Prinzen Woldemar zur Benutzung als Gestüt und Weidekamp, 1850.

LAV NRW OWL, L 92 P Nr. 1347: Überlassung des Tiergartens und der ehemaligen Fasanerie an den Prinzen Woldemar zur Benutzung als Stall und Weidekamp, 1850–1857, 1875.

LAV NRW OWL, L 102 B Detmold / Landesbauamt Detmold, Nr. 275: Unterhaltung, Instandsetzung und Ausbau der Gebäude im Tiergarten Detmold, 1923, 1937–1938.

LAV NRW OWL, L 80.20 / Regierung/Landesregierung Lippe - Domänenabteilung, Nr. 424: Bauten und Reparaturen an den Gebäuden im Tiergarten; 1920–1941, darin: Zeichnungen des Unterkunftsgebäudes und des Pferdestalls der Reitschule im Tiergarten, 1934.

LAV NRW OWL, L 92 R / Lippische Rentkammer - Bausachen, Nr. 382: Gestütsgebäude im Tiergarten, 1896–1911.

LAV NRW OWL, L 80.20 / Regierung/Landesregierung Lippe - Domänenabteilung, Nr. 403: Auflösung bzw. Einschränkung des Sennergestüts Lopshorn und Verpachtung des Tiergartens an den Verband Lippischer Pferdezüchter, Bd. 3, 1920–1938.

LAV NRW OWL, L 92 R 1 / Lippische Rentkammer - Hof- und Domanialbauverwaltung, Nr. 55: Tiergarten bei Detmold: Reparaturen an den Gestütsgebäuden, Unterhaltung der Baumschule, 1873–1912.

LAV NRW OWL, D 73 / Allgemeine Kartensammlung, Nr. 4/13562 bis 13594: Pläne zum Bau einer Polizeistation und Reitschule im Tiergarten bei Detmold, 1932–1959.

LAV NRW OWL, L 80.22 / Regierung/Landesregierung Lippe - Bauabteilung, Nr. 780: Umbau des Pferdestalls im Tiergarten Detmold, 1928, enthält auch Verlegung des Betriebs des Verbands der Lippischen Pferdezüchter von Lopshorn in den Tiergarten.

LAV NRW OWL, L 80.22 / Regierung/Landesregierung Lippe - Bauabteilung, Nr. 586: Projektierter Bau eines Luftschutzstollens für das Rheinisch-Westfälische Kohlensyndikat im Tiergarten bei Detmold, 1944.

LAV NRW OWL, D 73 / Allgemeine Kartensammlung, Nr. 4/17588 bis 17590: Zeichnungen über ein Mannschaftsgebäude der SA-Reit- und Fahrschule im Tiergarten bei Detmold (4 Blatt, Grundrisse und Ansichten), 1934.

LAV NRW OWL, D 73 / Allgemeine Kartensammlung, Nr. 4/17677: Zeichnungen über ein Mannschaftsgebäude der SA-Reit- und Fahrschule im Tiergarten bei Detmold (4 Blatt, Grundrisse und Ansichten), 1934.

LAV NRW OWL, L 102 B Detmold / Landesbauamt Detmold, Nr. 186 bis 205: Neubau der Reitschule der SA im Tiergarten Detmold, 1934–1935.

L 102 B Detmold / Landesbauamt Detmold, Nr. 206 bis 207: Ausbau der Reitschule im Tiergarten Detmold zwecks Unterbringung einer 2/3-Bereitschaft der motorisierten Gendarmerie bzw. Straßenpolizei, 1936–1937.

Weblinks

Einzelnachweise

  1. LAV NRW OWL, L 93 B I, Tit. 6 Nr. 28, fol. 1.
  2. LAV NRW OWL, L 93 B I, Tit. 6 Nr. 28, fol. 3 f.
  3. LAV NRW OWL, L 93 B I, Tit. 6 Nr. 28, fol. 3.
  4. LAV NRW OWL, L 92 R Nr. 841, fol. 46.
  5. LAV NRW OWL, L 92 R Nr. 841, fol. 79
  6. LAV NRW OWL, L 102 B Detmold / Landesbauamt Detmold, Nr. 186 bis 205: Neubau der Reitschule der SA im Tiergarten Detmold, 1934–1935.
  7. LAV NRW OWL, L 102 B Detmold / Landesbauamt Detmold, Nr. 187.
  8. L 102 B Detmold / Landesbauamt Detmold, Nr. 206 bis 207.
  9. LAV NRW OWL, L 80.22 / Regierung/Landesregierung Lippe - Bauabteilung, Nr. 586.
  10. Institut der Aus- und Fortbildung der Polizei NRW (Hg.), Das Institut für Aus- und Fortbildung der Polizei Nordrhein-Westfalen vom Gestern zum Heute. Eine Chronik der Jahrzehnte, Selm 2005, S. 7.
  11. Joachim Kleinmanns, „Fasanerie im hiesigen Thiergarten“. Zur Baugeschichte der fürstlich-lippischen Fasanerie auf dem Gelände des Freilichtmuseums, in: Stefan Baumeier und Jan Carstensen (Hg.), Beiträge zur Volkskunde und Hausforschung, 8, Detmold 1999, S. 105–122

Autor*innen

Joachim Kleinmanns