Allee 19 (Detmold): Unterschied zwischen den Versionen

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==Geschichte==
==Geschichte==
[[Datei:DT-Allee19_OWL_L77A_4534_59_Lageplan.jpeg|thumb|Lageplan der Lederfabrik, 1821, T. Kellner, aus: LAV NRW OWL, L 77 A Nr. 4534]]


[[Datei:DT-Allee19_NO Budde.jpg|thumb|Allee 19, Ansicht von Nordosten, um 1926, Sammlung Frank Budde/Detmold]]
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Ursprünglich als Waschhaus zum Neuen Palais erbaut.<ref>{{PetersBaugeschichte1953}}, S. 202.</ref> Jacob Müller erwarb das Waschhaus an der Allee 1780 im Konkurs über das hinterlassene Vermögen des Grafen Friedrich Alexander zur Lippe und dessen Erben.<ref>Neustädter Rechnung 1781 und LAV NRW OWL, L 83 E I/7 Nr. 2.</ref> Der Graf hatte 1746 das mit Schulden behaftete Palais geerbt.<ref>LAV NRW OWL, D 72 Kittel, Ingeborg: Häuserbuch.</ref>
Ursprünglich als Waschhaus zum Neuen Palais erbaut.<ref>{{PetersBaugeschichte1953}}, S. 202.</ref> Jacob Müller erwarb das Waschhaus an der Allee 1780 im Konkurs über das hinterlassene Vermögen des Grafen Friedrich Alexander zur Lippe und dessen Erben.<ref>Neustädter Rechnung 1781 und LAV NRW OWL, L 83 E I/7 Nr. 2.</ref> Der Graf hatte 1746 das mit Schulden behaftete Palais geerbt.<ref>StadtA DT, DT Manuskripte Nr. 19: Ingeborg Kittel (Bearb.), Detmolder Häuserbuch.</ref>


1809 von dem Schutzjuden Joel Herford erworben und als Lederfabrik mit einer Lohmühle am linken Ufer des Knochenbachs ausgebaut. Der Gründung der Herfordschen Lohgerberei kam in mehrfacher Hinsicht Bedeutung zu: Salomon Joel Herford versuchte die Berufsumschichtung seiner Glaubensgenossen nicht nur durch Einzelmaßnahmen, sondern 1809 auch durch die Gründung eines eigenen, an der Allee gelegenen Betriebes zu fördern. Der Lohgerberei sollte in diesem Zusammenhang eine Vorreiterrolle zukommen. Er wollte das bei seinen Glaubensgenossen verbreitete Vorurteil ausräumen, man könne durch Handwerke nichts verdienen. Jüdische Lehrlinge sollten hier ebenso wie christliche eine Lehrstelle finden. Die Gerberei stellte eine breite Palette verschiedenster Lederarten im Wert von jährlich 10 000–12 000 Rtlr. her und beschäftigte durchschnittlich 20–24 Arbeiter. Wegen Geruchsbelästigungen drohte in der Folge der Konzessionsverlust. Die Familie Herford hielt indessen so lange wie möglich an der Idee von der Vorbildfunktion des Betriebes fest. Unter seinem Enkel Meier Spanjer Herford setzte der Niedergang ein; 1833 zog er sich schuldenhalber vom Geschäft zurück. 1834 einigten sich Meiers Vater und die Rentkammer auf eine Kaufsumme von 4 700 Tlr.; später wurde das Gebäude abgerissen.<ref>{{HengstHandbuch2013}}, S. 356.</ref>
1809 von dem Schutzjuden Joel Herford erworben und als Lederfabrik mit einer Lohmühle am linken Ufer des Knochenbachs ausgebaut. Der Gründung der Herfordschen Lohgerberei kam in mehrfacher Hinsicht Bedeutung zu: Salomon Joel Herford versuchte die Berufsumschichtung seiner Glaubensgenossen nicht nur durch Einzelmaßnahmen, sondern 1809 auch durch die Gründung eines eigenen, an der Allee gelegenen Betriebes zu fördern. Der Lohgerberei sollte in diesem Zusammenhang eine Vorreiterrolle zukommen. Er wollte das bei seinen Glaubensgenossen verbreitete Vorurteil ausräumen, man könne durch Handwerke nichts verdienen. Jüdische Lehrlinge sollten hier ebenso wie christliche eine Lehrstelle finden. Die Gerberei stellte eine breite Palette verschiedenster Lederarten im Wert von jährlich 10 000–12 000 Rtlr. her und beschäftigte durchschnittlich 20–24 Arbeiter. Wegen Geruchsbelästigungen drohte in der Folge der Konzessionsverlust. Die Familie Herford hielt indessen so lange wie möglich an der Idee von der Vorbildfunktion des Betriebes fest. Unter seinem Enkel Meier Spanjer Herford setzte der Niedergang ein; 1833 zog er sich schuldenhalber vom Geschäft zurück. 1834 einigten sich Meiers Vater und die Rentkammer auf eine Kaufsumme von 4 700 Tlr.<ref>{{HengstHandbuch2013}}, S. 356.</ref>


Seit 1821 wiederholte Beschwerden über Geruchsbelästigung, Unterbringung verschiedenster Einlieger und Unordnung.<ref>LAV NRW OWL, L 92 A Nr. 4362.</ref> 1825 Bau eines (zusätzlichen) neuen Wohnhauses durch Spanier Herford. Auflagen sind Einhaltung der Bauflucht der Allee, steinfarbiger Verputz oder Ölfarbanstrich sowie Fenster aus hellem Spiegelglas.  
Seit 1821 wiederholte Beschwerden über Geruchsbelästigung, Unterbringung verschiedenster Einlieger und Unordnung.<ref>LAV NRW OWL, L 92 A Nr. 4362.</ref> 1825 Bau eines (zusätzlichen) neuen Wohnhauses durch Spanier Herford. Auflagen sind Einhaltung der Bauflucht der Allee, steinfarbiger Verputz oder Ölfarbanstrich sowie Fenster aus hellem Spiegelglas.  
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* einem sehr großen Gebäude mit Wasserleitungen, Gruben und Schwitze zu einer Lederfabrik eingerichtet, welches sich aber zu jeder anderen Fabrik einrichten ließe.<ref>LAV NRW OWL, L 92 A Nr. 4363, fol. 5.</ref>
* einem sehr großen Gebäude mit Wasserleitungen, Gruben und Schwitze zu einer Lederfabrik eingerichtet, welches sich aber zu jeder anderen Fabrik einrichten ließe.<ref>LAV NRW OWL, L 92 A Nr. 4363, fol. 5.</ref>


1836 mietete die Militärverwaltung die Gebäude zur Unterbringung von Rekruten. 1837 Verkauf an den Kammerregistrator Tegeler, Abbruch der Bauten bis auf das neue Wohnhaus von 1825.<ref>LAV NRW OWL, L 92 A Nr. 4364.</ref>
1836 mietete die Militärverwaltung die Gebäude zur Unterbringung von Rekruten. 1837 Verkauf an den Kammerregistrator [https://lippelex.de/index.php?title=Tegeler,_Wilhelm_(1793-1864) Wilhelm Tegeler], Abbruch der Bauten bis auf das neue Wohnhaus von 1825.<ref>LAV NRW OWL, L 92 A Nr. 4364.</ref>


==Gebäude==
==Gebäude==
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==Eigentümer*innen, Bewohner*innen==
==Eigentümer*innen, Bewohner*innen==


1781 Jacob Müller<ref>LAV NRW OWL, D 72 Kittel, Ingeborg: Häuserbuch.</ref>
1781 Jacob Müller<ref>StadtA DT, DT Manuskripte Nr. 19: Ingeborg Kittel (Bearb.), Detmolder Häuserbuch.</ref>


1809 Salomon Joel Herford, Schutzjude (* 1752, † 21.9.1816)<ref>Zu Salomon Joel Herford siehe LAV NRW OWL, L 77 A Nr. 5385.</ref>
1809 Salomon Joel Herford, Schutzjude (* 1752, † 21.9.1816)<ref>Zu Salomon Joel Herford siehe LAV NRW OWL, L 77 A Nr. 5385.</ref>
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Sergeant Brand nebst Frau und 3 Kinder; Tambour Heisenberg nebst Frau und 6 Kinder; David Berg nebst Frau und 6 Kinder; Witwe Joseph Wolf nebst 2 Kinder; Tagelöhner Knaup nebst Frau; sowie 3 Gesellen und 3 Lehrlinge.<ref>L 92 A Nr. 4362, fol. 13.</ref>
Sergeant Brand nebst Frau und 3 Kinder; Tambour Heisenberg nebst Frau und 6 Kinder; David Berg nebst Frau und 6 Kinder; Witwe Joseph Wolf nebst 2 Kinder; Tagelöhner Knaup nebst Frau; sowie 3 Gesellen und 3 Lehrlinge.<ref>L 92 A Nr. 4362, fol. 13.</ref>


1835 Rentkammer
1835 Rentkammer.<ref>StadtA DT, DT Manuskripte Nr. 19: Ingeborg Kittel (Bearb.), Detmolder Häuserbuch.</ref>


1836 vermietet an die Militärverwaltung zur Unterbringung von Rekruten
1836 vermietet an die Militärverwaltung zur Unterbringung von Rekruten.


1837 [Wilhelm] Tegeler, Kammerregistrator (1793–1864)<ref>Zu Tegeler siehe LAV NRW OWL, L 92 A Nr. 1081; LAV NRW OWL, L 92 A Nr. 189;  LAV NRW OWL, L 92 A Nr. 1348.</ref>
1837 [Wilhelm] Tegeler, Kammerregistrator (1793–1864)<ref>Zu Tegeler siehe LAV NRW OWL, L 92 A Nr. 1081; LAV NRW OWL, L 92 A Nr. 189;  LAV NRW OWL, L 92 A Nr. 1348.</ref>
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1863 bewohnte der Rechtsanwalt und Auditor Dr. W[ilhelm]. Stein die obere Etage im Haus des Registrators Tegeler an der Allee, C 135. <ref>Fürstlich-Lippisches Regierungs- und Anzeigeblatt (25.7.1863) Nr. 30 sowie die beiden folgenden Ausgaben.</ref>
1863 bewohnte der Rechtsanwalt und Auditor Dr. W[ilhelm]. Stein die obere Etage im Haus des Registrators Tegeler an der Allee, C 135. <ref>Fürstlich-Lippisches Regierungs- und Anzeigeblatt (25.7.1863) Nr. 30 sowie die beiden folgenden Ausgaben.</ref>


18.11.1864 † Wilhelm Tegeler, 6.4.1871 Tod der Witwe Dorothee Tegeler
18.11.1864 † Wilhelm Tegeler, 6.4.1871 Tod der Witwe Dorothee Tegeler.


1871 (Adressbuch) Schlüter, Geh. Rats-Witwe
1871 (Adressbuch) Schlüter, Geh. Rats-Witwe.


1878 Jäntzen, Particulier<ref>LAV NRW OWL, D 72 Kittel, Ingeborg: Häuserbuch.</ref>
1878 Jäntzen, Particulier.<ref>StadtA DT, DT Manuskripte Nr. 19: Ingeborg Kittel (Bearb.), Detmolder Häuserbuch.</ref>


1878 Gottlieb Thun, Pastor<ref>LAV NRW OWL, D 72 Kittel, Ingeborg: Häuserbuch.</ref>
1878 Gottlieb Thun, Pastor.<ref>StadtA DT, DT Manuskripte Nr. 19: Ingeborg Kittel (Bearb.), Detmolder Häuserbuch.</ref>


1884 (Adressbuch) J. A. G. Thun, Pastor emer.; Elsa Thun, Witwe
1884 (Adressbuch) J. A. G. Thun, Pastor emer.; Elsa Thun, Witwe.


17.6.1887 Gottfried Thun als neuer Eigentümer im Grundbuch; im Adressbuch J. A. G. Thun, Pastor emer.; Elsa Thun, Witwe
17.6.1887 Gottfried Thun als neuer Eigentümer im Grundbuch; im Adressbuch J. A. G. Thun, Pastor emer.; Elsa Thun, Witwe.


1891 (Adressbuch) Thun, Pastor em.; Thun, Witwe
1891 (Adressbuch) Thun, Pastor em.; Thun, Witwe.


1894 (Adressbuch) J. A. G. Thun, Pastor emer.; Cäcilie Thun, Frl.; A. Thun, Frl.
1894 (Adressbuch) J. A. G. Thun, Pastor emer.; Cäcilie Thun, Frl.; A. Thun, Frl.
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1897 (Adressbuch) Joh. A. G. Thun, Pastor emer.; Anna Thun, Frl.
1897 (Adressbuch) Joh. A. G. Thun, Pastor emer.; Anna Thun, Frl.


1901 (Adressbuch) Clara Thun, Witwe (Pastor); Hermann Springorum, Rentner
1901 (Adressbuch) Clara Thun, Witwe (Pastor); Hermann Springorum, Rentner.


1904 (Adressbuch) Clara Thun, Witwe (Pastor); Anna Schnittger, Witwe, Rentnerin
1904 (Adressbuch) Clara Thun, Witwe (Pastor); Anna Schnittger, Witwe, Rentnerin.


1909 (Adressbuch) Thun, Pastorswitwe; Kluck, Hauptm.-Witwe; Schnittger, Rentnerin
1909 (Adressbuch) Thun, Pastorswitwe; Kluck, Hauptm.-Witwe; Schnittger, Rentnerin.


1912 (Adressbuch) Thun, Pastorswitwe; Friedlaender, Oberstabsarzt a. D.; Schnittger, Rentnerin
1912 (Adressbuch) Thun, Pastorswitwe; Friedlaender, Oberstabsarzt a. D.; Schnittger, Rentnerin.


1914 (Adressbuch) Clara Thun, Witwe; Anna Charlotte Schnittger, Rentnerin
1914 (Adressbuch) Clara Thun, Witwe; Anna Charlotte Schnittger, Rentnerin.


13.11.1915 neue Eigentümer: Anna Friedländer geb. Thun, Ehefrau des Oberstabsarztes Friedländer in Berlin, und Frau Cäcilie Kottmeier geb. Thun, Ehefrau des Pfarrers Kottmeier in Plötzensee (Grundbuch Detmold, Bd. XVI, Blatt 753).
13.11.1915 neue Eigentümer: Anna Friedländer geb. Thun, Ehefrau des Oberstabsarztes Friedländer in Berlin, und Frau Cäcilie Kottmeier geb. Thun, Ehefrau des Pfarrers Kottmeier in Plötzensee (Grundbuch Detmold, Bd. XVI, Blatt 753).


1916 (Adressbuch) Bruno Kolscher, Fachschuldirektor
1916 (Adressbuch) Bruno Kolscher, Fachschuldirektor.


1918 (Adressbuch) Eigentümer: Thun'sche Erben; Bewohner*innen: Dr. med. Hans Thun, Oberstabsarzt a. D.; Ida Rötteken, Forstmeisters-Witwe
1918 (Adressbuch) Eigentümer: Thun'sche Erben; Bewohner*innen: Dr. med. Hans Thun, Oberstabsarzt a. D.; Ida Rötteken, Forstmeisters-Witwe.


1920 (Adressbuch) Eigentümer: Thun'sche Erben; Bewohner*innen: Dr. med. Hans Thun, Oberstabsarzt a. D.; Ida Rötteken, Forstmeisters-Witwe
1920 (Adressbuch) Eigentümer: Thun'sche Erben; Bewohner*innen: Dr. med. Hans Thun, Oberstabsarzt a. D.; Ida Rötteken, Forstmeisters-Witwe.


1923 (Adressbuch) Eigentümerin: Anna Thun; Bewohner*innen: Dr. med. Hans Thun, Oberstabsarzt a. D.; Ida Rötteken, Forstmeisters-Witwe; Luhmann geb. Schröder, Witwe
1923 (Adressbuch) Eigentümerin: Anna Thun; Bewohner*innen: Dr. med. Hans Thun, Oberstabsarzt a. D.; Ida Rötteken, Forstmeisters-Witwe; Luhmann geb. Schröder, Witwe.


1925 (Adressbuch) Dr. med. Hans Thun, Generaloberarzt a. D.; Prof. Dr. Joachim Remme; Erich Meinhardt, Schriftleiter
1925 (Adressbuch) Dr. med. Hans Thun, Generaloberarzt a. D.; Prof. Dr. Joachim Remme; Erich Meinhardt, Schriftleiter.


1926 (Adressbuch) Dr. med. Hans Thun, Generaloberarzt a. D.; Alfred Zernecke, Oberstudiendirektor a. D.
1926 (Adressbuch) Dr. med. Hans Thun, Generaloberarzt a. D.; Alfred Zernecke, Oberstudiendirektor a. D.
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LAV NRW OWL, L 92 A / Lippische Rentkammer - Allgemeine Kammersachen, Nr. 1348: Pension für Witwe Kammer-Registrator Tegeler, 1865–1871
LAV NRW OWL, L 92 A / Lippische Rentkammer - Allgemeine Kammersachen, Nr. 1348: Pension für Witwe Kammer-Registrator Tegeler, 1865–1871


LAV NRW OWL, D 72 Kittel, Ingeborg: Häuserbuch
StadtA DT, DT Manuskripte Nr. 19: Ingeborg Kittel (Bearb.), Detmolder Häuserbuch.


==Weblinks==
==Weblinks==

Version vom 17. Mai 2024, 07:51 Uhr

Allee 19 (Detmold)
OrtsteilDetmold (Kernstadt)
StraßeAllee (Detmold)
Hausnummer19
Karte
Adressbuch von 1901
GemeindeDetmold
HausnummerC 135

1781 gegründete Hausstätte (zuvor Waschhaus), Neubau 1825. Quartiernummer: C 135, alte Hausnummer: Allee 10.

Geschichte

Lageplan der Lederfabrik, 1821, T. Kellner, aus: LAV NRW OWL, L 77 A Nr. 4534
Allee 19, Ansicht von Nordosten, um 1926, Sammlung Frank Budde/Detmold
Allee 19, Ansicht von Süden, um 1926, Sammlung Frank Budde/Detmold
Allee 19, Blick von Südosten auf den Eingang, 1926, Sammlung Frank Budde/Detmold

Ursprünglich als Waschhaus zum Neuen Palais erbaut.[1] Jacob Müller erwarb das Waschhaus an der Allee 1780 im Konkurs über das hinterlassene Vermögen des Grafen Friedrich Alexander zur Lippe und dessen Erben.[2] Der Graf hatte 1746 das mit Schulden behaftete Palais geerbt.[3]

1809 von dem Schutzjuden Joel Herford erworben und als Lederfabrik mit einer Lohmühle am linken Ufer des Knochenbachs ausgebaut. Der Gründung der Herfordschen Lohgerberei kam in mehrfacher Hinsicht Bedeutung zu: Salomon Joel Herford versuchte die Berufsumschichtung seiner Glaubensgenossen nicht nur durch Einzelmaßnahmen, sondern 1809 auch durch die Gründung eines eigenen, an der Allee gelegenen Betriebes zu fördern. Der Lohgerberei sollte in diesem Zusammenhang eine Vorreiterrolle zukommen. Er wollte das bei seinen Glaubensgenossen verbreitete Vorurteil ausräumen, man könne durch Handwerke nichts verdienen. Jüdische Lehrlinge sollten hier ebenso wie christliche eine Lehrstelle finden. Die Gerberei stellte eine breite Palette verschiedenster Lederarten im Wert von jährlich 10 000–12 000 Rtlr. her und beschäftigte durchschnittlich 20–24 Arbeiter. Wegen Geruchsbelästigungen drohte in der Folge der Konzessionsverlust. Die Familie Herford hielt indessen so lange wie möglich an der Idee von der Vorbildfunktion des Betriebes fest. Unter seinem Enkel Meier Spanjer Herford setzte der Niedergang ein; 1833 zog er sich schuldenhalber vom Geschäft zurück. 1834 einigten sich Meiers Vater und die Rentkammer auf eine Kaufsumme von 4 700 Tlr.[4]

Seit 1821 wiederholte Beschwerden über Geruchsbelästigung, Unterbringung verschiedenster Einlieger und Unordnung.[5] 1825 Bau eines (zusätzlichen) neuen Wohnhauses durch Spanier Herford. Auflagen sind Einhaltung der Bauflucht der Allee, steinfarbiger Verputz oder Ölfarbanstrich sowie Fenster aus hellem Spiegelglas.

1834 Ankauf der gesamten Anlage durch die Rentkammer.[6] Bestehend aus

  • einem vor einigen Jahren erst neu erbauten Wohnhaus, im Erdgeschoss 2 große und 2 kleine Wohnstuben, 1 Küche, 4 geräumige Keller, im Obergeschoss ein Saal, 2 Stuben, 3 Kammern, im Dachgeschoss 2 sehr geräumige Böden.
  • einer großen Scheune nebst Wagen-Remise, einem Kuhstall und einem Pferdestall für 2–3 Pferde.
  • einem großen Wohnhaus, in 3 Abteilungen, für mehrere Familien eingerichtet, darin 9 Wohnstuben, 6 Kammern, 4 Küchen, 3 Kaller, 1 Rauchkammer, 3 Dielen oder Fluren, 3 geräumige Böden, vollständig vermietet, Jahresmiete 98 rt 24 gr.
  • einem massiv gebauten Kuhstall und mehreren Ziegen- und Schweineställen.
  • einer Lohmühle, welche sich auch zu einem Wohnhaus einrichten ließe. Dazu ein großer und ein kleiner Küchengarten, 1 Blumenhof, 2 großen Stücken Gartenland, einer Wiese.
  • einem sehr großen Gebäude mit Wasserleitungen, Gruben und Schwitze zu einer Lederfabrik eingerichtet, welches sich aber zu jeder anderen Fabrik einrichten ließe.[7]

1836 mietete die Militärverwaltung die Gebäude zur Unterbringung von Rekruten. 1837 Verkauf an den Kammerregistrator Wilhelm Tegeler, Abbruch der Bauten bis auf das neue Wohnhaus von 1825.[8]

Gebäude

Nachfolger des Hauses Tegeler, Allee 19, 2020, Foto: Joachim Kleinmanns

Zweigeschossiger traufständiger Fachwerkbau mit Holzverschalung, Satteldach. Zur Allee ein Windfangvorbau.

Abbruch in den 1970er Jahren, 1968 noch vorhanden: "Nr. 10. Das holzverschalte Haus erbaut 1837 durch den Maler Wilhelm Tegeler".[9]

Jetzt ein zweigeschossiger traufständiger Massivbau mit 6 Achsen, der Eingang in der dritten Achse von Norden. Viertelwalmdach.

Inschriften

Eigentümer*innen, Bewohner*innen

1781 Jacob Müller[10]

1809 Salomon Joel Herford, Schutzjude (* 1752, † 21.9.1816)[11]

1818 Nathan Spanier Herford, Schutzjude (* 1775, † 31.5.1868)[12]

1821 zahlreiche Einlieger: Nachtwächter Langweige nebst Frau und 1 Kind; Tagelöhner Weege nebst Frau; Sergeant Mertens nebst Frau und 3 Kinder; Sergeant Brand nebst Frau und 3 Kinder; Tambour Heisenberg nebst Frau und 6 Kinder; David Berg nebst Frau und 6 Kinder; Witwe Joseph Wolf nebst 2 Kinder; Tagelöhner Knaup nebst Frau; sowie 3 Gesellen und 3 Lehrlinge.[13]

1835 Rentkammer.[14]

1836 vermietet an die Militärverwaltung zur Unterbringung von Rekruten.

1837 [Wilhelm] Tegeler, Kammerregistrator (1793–1864)[15]

12.12.1837 Hochzeit mit der "zweiten Tochter des weiland Waldschützen Fricke zum Externstein, Namens Dorothee" (* 1811).[16] Im Juni 1842 starb ihr Sohn Simon Leonhard (* 7. Okt.1838), am 4. Januar 1844 ihr Sohn Friedrich Wilhelm Bernhard (* 29. Dez. 1843).

1845 waren ab Ostern in der oberen Etage drei Zimmer, teilweise möbliert, "an einzelne Damen" zu mieten.[17]

1854 war "die obere Etage seines Wohnhauses Nr. 135 neben der Allee, auch – wenn es gewünscht werden solte – mit einem Theile vom Garten" zu mieten. [18]

1863 bewohnte der Rechtsanwalt und Auditor Dr. W[ilhelm]. Stein die obere Etage im Haus des Registrators Tegeler an der Allee, C 135. [19]

18.11.1864 † Wilhelm Tegeler, 6.4.1871 Tod der Witwe Dorothee Tegeler.

1871 (Adressbuch) Schlüter, Geh. Rats-Witwe.

1878 Jäntzen, Particulier.[20]

1878 Gottlieb Thun, Pastor.[21]

1884 (Adressbuch) J. A. G. Thun, Pastor emer.; Elsa Thun, Witwe.

17.6.1887 Gottfried Thun als neuer Eigentümer im Grundbuch; im Adressbuch J. A. G. Thun, Pastor emer.; Elsa Thun, Witwe.

1891 (Adressbuch) Thun, Pastor em.; Thun, Witwe.

1894 (Adressbuch) J. A. G. Thun, Pastor emer.; Cäcilie Thun, Frl.; A. Thun, Frl.

1897 (Adressbuch) Joh. A. G. Thun, Pastor emer.; Anna Thun, Frl.

1901 (Adressbuch) Clara Thun, Witwe (Pastor); Hermann Springorum, Rentner.

1904 (Adressbuch) Clara Thun, Witwe (Pastor); Anna Schnittger, Witwe, Rentnerin.

1909 (Adressbuch) Thun, Pastorswitwe; Kluck, Hauptm.-Witwe; Schnittger, Rentnerin.

1912 (Adressbuch) Thun, Pastorswitwe; Friedlaender, Oberstabsarzt a. D.; Schnittger, Rentnerin.

1914 (Adressbuch) Clara Thun, Witwe; Anna Charlotte Schnittger, Rentnerin.

13.11.1915 neue Eigentümer: Anna Friedländer geb. Thun, Ehefrau des Oberstabsarztes Friedländer in Berlin, und Frau Cäcilie Kottmeier geb. Thun, Ehefrau des Pfarrers Kottmeier in Plötzensee (Grundbuch Detmold, Bd. XVI, Blatt 753).

1916 (Adressbuch) Bruno Kolscher, Fachschuldirektor.

1918 (Adressbuch) Eigentümer: Thun'sche Erben; Bewohner*innen: Dr. med. Hans Thun, Oberstabsarzt a. D.; Ida Rötteken, Forstmeisters-Witwe.

1920 (Adressbuch) Eigentümer: Thun'sche Erben; Bewohner*innen: Dr. med. Hans Thun, Oberstabsarzt a. D.; Ida Rötteken, Forstmeisters-Witwe.

1923 (Adressbuch) Eigentümerin: Anna Thun; Bewohner*innen: Dr. med. Hans Thun, Oberstabsarzt a. D.; Ida Rötteken, Forstmeisters-Witwe; Luhmann geb. Schröder, Witwe.

1925 (Adressbuch) Dr. med. Hans Thun, Generaloberarzt a. D.; Prof. Dr. Joachim Remme; Erich Meinhardt, Schriftleiter.

1926 (Adressbuch) Dr. med. Hans Thun, Generaloberarzt a. D.; Alfred Zernecke, Oberstudiendirektor a. D.

Literatur

Gerhard Peters, Der Detmolder Maler Wilhelm Tegeler, in: Mitteilungen aus der Lippischen Geschichte und Landeskunde, 21 (1952), S. 5–45 Digitalisat

Gerhard Peters, Baugeschichte der Stadt Detmold, in: Geschichte der Stadt Detmold, Detmold 1953, S. 182–225.

Georg Wegemann, Das Alter der Detmolder Wohnhäuser, Typoskript, Detmold 1957 (häufig mit ungenauen oder falschen Datierungen).

Otto Gaul (Bearb.), Stadt Detmold, mit einer geschichtlichen Einleitung von Erich Kittel und Beiträgen von Leo Nebelsiek, Peter Berghaus und Konrad Ullmann (Bau- und Kunstdenkmäler von Westfalen; 48, Teil I), Münster 1968, S. 388.

Karl Hengst, Ursula Olschewski (Hg.), Historisches Handbuch der jüdischen Gemeinschaften in Westfalen und Lippe. Die Ortschaften und Territorien im heutigen Regierungsbezirk Detmold, Münster 2013.

Quellen

LAV NRW OWL, L 77 A / Lippische Regierung (Ältere Registratur) - Allgemeine und innere Verwaltung, Nr. 5385: Judengeleit in der Stadt Detmold, 1756–1846

LAV NRW OWL, L 77 A / Lippische Regierung (Ältere Registratur) - Allgemeine und innere Verwaltung, Nr. 4534: Lederfabrik des Hofkommissars Salomon Joel Herford auf der Neustadt zu Detmold, 1818–1826

LAV NRW OWL, L 92 A Nr. 4362: Auf der Allee belegene und vom Hofcommissär Joel Herford angekauften Waschhofes und der dabey angelegten Lohgärberey und Lohmühle 1809–1834

LAV NRW OWL, L 92 A / Lippische Rentkammer - Allgemeine Kammersachen, Nr. 4363: Ankauf der Spanierschen Lohgerberei, Umwandlung in ein Wohnhaus, Vermietung und Verpachtung, 1833–1837

LAV NRW OWL, L 92 A / Lippische Rentkammer - Allgemeine Kammersachen, Nr. 4364: Verkauf der ehemaligen Spanjerschen Lohgerberei an Kammerregistrator Tegeler, dann an Thun u. a., 1837–1851, 1867–1873, 1887–1894, 1915–1918

LAV NRW OWL, L 92 A / Lippische Rentkammer - Allgemeine Kammersachen, Nr. 1081: Unterstützung des Malers / später Registraturgehilfen Wilhelm Tegeler aus Detmold bei seiner Ausbildung, 1817–1828, enthält u. a. Zeugnisse der Akademie der bildenden Künste zu Kassel

LAV NRW OWL, L 92 A / Lippische Rentkammer - Allgemeine Kammersachen, Nr. 189: Anstellung und Tätigkeit der Registratoren Wasserfall und Tegeler, 1820–1848

LAV NRW OWL, L 92 A / Lippische Rentkammer - Allgemeine Kammersachen, Nr. 1348: Pension für Witwe Kammer-Registrator Tegeler, 1865–1871

StadtA DT, DT Manuskripte Nr. 19: Ingeborg Kittel (Bearb.), Detmolder Häuserbuch.

Weblinks

Einzelnachweise

  1. Gerhard Peters, Baugeschichte der Stadt Detmold, in: Geschichte der Stadt Detmold, Detmold 1953, S. 182–225, S. 202.
  2. Neustädter Rechnung 1781 und LAV NRW OWL, L 83 E I/7 Nr. 2.
  3. StadtA DT, DT Manuskripte Nr. 19: Ingeborg Kittel (Bearb.), Detmolder Häuserbuch.
  4. Karl Hengst, Ursula Olschewski (Hg.), Historisches Handbuch der jüdischen Gemeinschaften in Westfalen und Lippe. Die Ortschaften und Territorien im heutigen Regierungsbezirk Detmold, Münster 2013, S. 356.
  5. LAV NRW OWL, L 92 A Nr. 4362.
  6. LAV NRW OWL, L 92 A Nr. 4363.
  7. LAV NRW OWL, L 92 A Nr. 4363, fol. 5.
  8. LAV NRW OWL, L 92 A Nr. 4364.
  9. Otto Gaul (Bearb.), Stadt Detmold, mit einer geschichtlichen Einleitung von Erich Kittel und Beiträgen von Leo Nebelsiek, Peter Berghaus und Konrad Ullmann (Bau- und Kunstdenkmäler von Westfalen; 48, Teil I), Münster 1968, S. 388.
  10. StadtA DT, DT Manuskripte Nr. 19: Ingeborg Kittel (Bearb.), Detmolder Häuserbuch.
  11. Zu Salomon Joel Herford siehe LAV NRW OWL, L 77 A Nr. 5385.
  12. Zu Nathan Spanier Herford siehe LAV NRW OWL, L 77 A Nr. 5385.
  13. L 92 A Nr. 4362, fol. 13.
  14. StadtA DT, DT Manuskripte Nr. 19: Ingeborg Kittel (Bearb.), Detmolder Häuserbuch.
  15. Zu Tegeler siehe LAV NRW OWL, L 92 A Nr. 1081; LAV NRW OWL, L 92 A Nr. 189; LAV NRW OWL, L 92 A Nr. 1348.
  16. Gerhard Peters, Der Detmolder Maler Wilhelm Tegeler, in: Mitteilungen aus der Lippischen Geschichte und Landeskunde, 21 (1952), S. 5–45 Digitalisat, S. 39.
  17. Fürstlich-Lippisches Regierungs- und Anzeigeblatt (1.2.1845) Nr. 5.
  18. Fürstlich-Lippisches Regierungs- und Anzeigeblatt (11.3.1854) Nr. 10.
  19. Fürstlich-Lippisches Regierungs- und Anzeigeblatt (25.7.1863) Nr. 30 sowie die beiden folgenden Ausgaben.
  20. StadtA DT, DT Manuskripte Nr. 19: Ingeborg Kittel (Bearb.), Detmolder Häuserbuch.
  21. StadtA DT, DT Manuskripte Nr. 19: Ingeborg Kittel (Bearb.), Detmolder Häuserbuch.

Autor*innen

Joachim Kleinmanns