Marktplatz 5 (Detmold): Unterschied zwischen den Versionen

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Situationsplan, Ferdinand Brune, 1827 (LLB, 1 D 40).
Situationsplan, Ferdinand Brune, 1827 (LLB, 1 D 40).
Situationsplan mit den umgebenden Straßen, Ferdinand Brune, 1828 (LAV NRW OWL, D 73/4 Nr. 5241).


Ansicht des alten Rathauses von der Schülerstraße aus, Zeichnung: August Eberth, 1940 (LLB, BA DT-5-2).
Ansicht des alten Rathauses von der Schülerstraße aus, Zeichnung: August Eberth, 1940 (LLB, BA DT-5-2).

Version vom 23. Januar 2024, 10:04 Uhr

1828–1831 neu erbautes Rathaus.

Geschichte

Zunächst beabsichtigte der Rat, das neue Rathaus auf dem Platz des alten zu errichten. Fürst Leopold II. wünschte jedoch, das neue Rathaus an die Stelle der drei am kleinen Markt gelegenen Bürgerhäuser zu verlegen Lange Straße 41 bis Lange Straße 45, da "so zwischen solchem und der Kirche ein schöner freier Platz gewonnen werde". Der Magistrat wandte ein, dass der Bauplatz mit 88 Fuß Breite zu klein sei – das neue Rathaus benötige wenigstens 108 Fuß, ca. 32 m. Als Kompromiss einigte man sich auf den Abbruch der drei Bürgerhäuser Lange Straße 61 (alt) bis Lange Straße 63 (alt) zwischen dem alten Rathaus und dem Schlossbezirk, auf deren Stelle der Neubau entstehen sollte.

Der Magistrat beauftragte zunächst den Baukandidaten Ferdinand Brune mit dem Entwurf, den dieser aber 1828 nach seiner Anstellung als Baukondukteur nicht mehr im Nebenerwerb weiterführen durfte. Von ihm stammt die Idee eines Winkelbaus.[1][2]

Seinen dringend benötigten Zuschuss von 10.000 Talern machte der Fürst von weiteren städtebaulichen Modernisierungen abhängig. Das eine war in der Schülerstraße der Durchbruch zur Leopoldstraße, das andere der Abbruch des Priesterschen Hauses, das am ehemaligen Hornschen Tor in die Lange Straße ragte. Der Magistrat forderte drei kostenlose Hausplätze an der Hornschen- oder Leopoldstraße, da ihm mit der Überbauung der drei Bürgerhäuser die darauf lastenden Steuereinnahmen dauerhaft entgingen. Der Fürst zeigte sich wenig kompromissbereit. Er ließ sich weder zur Zuweisung von drei Hausplätzen bewegen, noch verzichtete er auf den Schülerstraßen-Durchbruch. Lediglich von der Beseitigung des Priesterschen Hauses wollte er vorläufig absehen.

Außerdem hatte der Fürst auch noch die Empfehlung ausgesprochen, den Kasseler Oberhofbaumeister Johann Konrad Bromeiß zu Rate zu ziehen. Dieser hatte schon wenige Jahre zuvor Oberbaurat von Natorp beim Bau des Detmolder Theaters zur Seite gestanden. Bromeiß indes empfahl für diese Aufgabe seinen ehemaligen Kommilitonen Justus Kühnert, der damals als Landbaumeister in der kurhessischen Exklave Rinteln, nicht allzu weit von Detmold, tätig war.

Am 24. Dezember 1827 endlich beschloss der Rat, die drei Bürgerhäuser an der Langen Straße und das Müllersche Haus in der Schülerstraße anzukaufen und teilte dies der Regierung mit. Daraufhin erhielt der Magistrat die Zusage, dass Serenissimus nun zu seinem Geschenk von 10.000 Talern bereit sei. Taxation, Ankauf und Räumung der abzubrechenden Häuser zogen sich bis zum Frühsommer 1828 hin. Den Bewohnern wurden nur 14 Tage zur Räumung zugestanden.

Kühnert erhielt am 28. Juni 1828 den Auftrag, den er "mit Vergnügen" annahm. Zwei Wochen später erschien er in Detmold. Nach Besichtigung des Bauplatzes schlug er vor, das neue Rathaus mitten auf den durch die Abbrüche der Bürgerhäuser und des Rathauses frei gewordenen Platz zu stellen. Doch das Presbyterium der Kirche bestand auf mindestens 35 Fuß Abstand, so dass der Magistrat sich mit Kühnert auf ein winkelförmiges Gebäude an der Langen Straße einigte. Einen entsprechenden Plan fertigte Kühnert in kurzer Zeit an und sandte diesen am 24. August nach Detmold. Der Fürst genehmigte ihn am 1. September.

Zur Grundsteinlegung am 18. September 1828 war auch Fürst Leopold II. geladen, jedoch schickte er den Kronprinzen Leopold als Vertreter. Am 2. Dezember 1829 feierte man Richtfest. Ein gutes Jahr später, im Januar 1831, war der Bau vollendet.

Wie seit dem Mittelalter diente das Rathaus nicht nur dem Rat, sondern weiterhin als Ratskeller und als öffentliches Tanzhaus. Erhebliche Einnahmen erzielte die Stadt durch die Miete, welche die Ressourcen-Gesellschaft für die Nutzung der Gesellschaftsräume zahlte. 1866 forderte diese die Vergrößerung des Rathauses. Bauinspektor Ferdinand Merckel, Mitglied der Ressource, zeichnete einen Riss und legte einen Kostenanschlag vor. Der Magistrat stimmte jedoch im Februar 1867 gegen eine Erweiterung. Dies führte dazu, dass die Ressource bis 1874 ein eigenes repräsentatives Vereinshaus an der Ameide errichtete, heute Lippisches Landesmuseum.

Gebäude

Rathaus von Südwesten, vor 1889, Foto: Theodor Kliem, LLB: HSA 5,11r1
Blick von Westen auf den Fachwerkanbau im Winkel des Rathauses, vor dem Abbruch 1901, Foto: Ferdinand Düstersiek, LLB: HS A 6,155

Zweiflügeliger klassizistischer Putzbau Kasseler Prägung, dreigeschossig, mit repräsentativem Portikus mit vier dorischen Säulen vor dem Hauptgeschoss und einer hohen vierläufigen Freitreppe dorthin, zum neuen Markt neun Fensterachsen breit, zur Langen Straße sieben. Die Ecken sind durch Diamantquader aus dem örtlichen Osning-Sandstein betont, auch weitere Architekturglieder wie Gesimse und Fenstergewände bestehen daraus. Das Dachgebälk endet auf kräftigen Konsolen, die als Zahnschnittfries ein Kranzgesims bilden. Das flache Walmdach erhielt zum neuen Markt drei Fledermausgauben. Nur noch ein bescheidener Rathausstall aus Fachwerk, dessen Realisation sich Kühnert verweigert hatte, wurde im Winkel an der Nordwestecke angefügt.

Die Baukosten betrugen einschließlich der Abbruchkosten 40.000 Taler. Für ein von Kühnert entworfenes Relief im Giebelfeld des Portikus war am Ende kein Geld mehr übrig. Die erheblichen Baukosten wurden durch den Zuschuss des Fürsten, Rücklagen, Darlehen und die Erhebung von Sondersteuern aufgebracht. Stadtsyndikus Runnenberg stellte 1830 fest, "daß sowohl die hiesigen Honoratioren, als durchreisende Fremde, das Werk für das schönste Gebäude im Lande halten".[3] Fürstliche Lenkung hatte den Detmoldern diese großzügige Lösung mit einem erheblich gewachsenen Marktplatz beschert.

Eine über Provisorien hinausgehende Erweiterung des Rathauses fand 1901/02 statt. Zunächst wurde die Ratsscheune abgebrochen und an ihrer Stelle der winkelförmige Grundriss des Rathauses zu einem U ergänzt. 1919 reichte der Platz erneut nicht mehr. Daher wurde dem Ratskellerwirt gekündigt. Seine Räume bezog im Jahr darauf die Sparkasse. Heute empfängt hier das Städtische Verkehrsamt die Besucher der Stadt. In der früheren Ratsdienerwohnung befinden sich nun die öffentlichen Toiletten. Im Hauptgeschoss liegen Amtsräume der Verwaltung und im ersten Obergeschoss der kleine und der große Ratssaal.

Mit dem Neubau des Rathauses war ein großzügiger Marktplatz angelegt worden, von dem die Stadt und ihre Bewohner noch heute profitieren.

Am 7.7.1987 eingetragen in die Denkmalliste der Stadt Detmold, Nr. A 229.

Inschriften

Eigentümer*innen, Bewohner*innen

1884 (Adressbuch) Stadt Detmold; Bewohner*innen: Gottlieb Döring, Polizeidiener; Wilhelm Ewe, Kellerwirt

1891 (Adressbuch) Stadt Detmold; Bewohner*innen: Döring, Polizeidiener; Ewe, Kellerwirt

1901 (Adressbuch) Stadt Detmold, Stadtbauamt, Fürstl. Standesamt; Bewohner*innen: Gottlieb Döring, Ratsdiener; Heinrich Stellbrink, Ratskeller-Wirt

1912 (Adressbuch) Stadt Detmold; Bewohner*innen: Schierholz, Kastellan; Schierholz, Buchhalter; Gäsing, Wirt

1918 (Adressbuch) Stadt Detmold; Bewohner*innen: Karl Schierholz, Stadtwachtmeister; Marie Schierholz, Buchhalterin; Frieda Schierholz, Frl.; Hermann Gäsing, Wirt

1926 (Adressbuch) Stadt Detmold; Rathaus; Städt. Sparkasse

Literatur

Eckart Bergmann, Das klassizistische Stadtbild Detmolds, in: Erhard Wiersing (Hg.), Lippe im Vormärz. Von bothmäßigen Unterthanen und unbothmäßigen Demokraten (Sonderveröffentlichungen des Naturwissenschaftlichen und Historischen Vereins für das land Lippe; 35), Bielefeld 1990, S. 278–325 PDF, hier S. 308–315.

Joachim Kleinmanns, Das Detmolder Rathaus. Klassizistische Stadtplanung in einer kleinen Residenzstadt (Teil 1), in: Lippische Mitteilungen aus Geschichte und Landeskunde, 81. Jg. (2012), S. 211–241 Digitalisat.

Joachim Kleinmanns, Das Detmolder Rathaus. Klassizistische Stadtplanung in einer kleinen Residenzstadt (Teil 2), in: Lippische Mitteilungen aus Geschichte und Landeskunde, 82. Jg. (2013), S. 252–277 Digitalisat.

Quellen

StA DT, Bestand D 106 Detmold, Nr. 1987, 1988, 1990 und 1991.

Situationsplan, Ferdinand Brune, 1827 (LLB, 1 D 40).

Situationsplan mit den umgebenden Straßen, Ferdinand Brune, 1828 (LAV NRW OWL, D 73/4 Nr. 5241).

Ansicht des alten Rathauses von der Schülerstraße aus, Zeichnung: August Eberth, 1940 (LLB, BA DT-5-2).

Nordwestseite des Rathauses, vor und nach dem Abbruch des Rathausstalles. Foto: Ferdinand Düstersiek, 1901 (LLB, BA DT-5-18b/18c).

Weblinks

Einzelnachweise

  1. StA DT, D 106 Detmold Nr. 1987.
  2. Joachim Kleinmanns, Das Detmolder Rathaus. Klassizistische Stadtplanung in einer kleinen Residenzstadt (Teil 1), in: Lippische Mitteilungen aus Geschichte und Landeskunde, 81. Jg. (2012), S. 211–241 Digitalisat, S. 257.
  3. Zit. nach Gerhard Peters, Baugeschichte der Stadt Detmold, in: Geschichte der Stadt Detmold, Detmold 1953, S. 182–225, S. 208.

Autor(innen)

Joachim Kleinmanns