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Am Markt 38 (Bad Salzuflen): Unterschied zwischen den Versionen
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}}Die sogenannte „Brandes’sche Apotheke“, bis 1878 Salzuflen Nr. 6, zwischen 1878 und 1933 Marktstraße 1. | }}Die sogenannte „Brandes’sche Apotheke“, bis 1878 Salzuflen Nr. 6, zwischen 1878 und 1933 Marktstraße 1.<ref>{{PölertHäuser1960}}, Nr. 6.</ref> Im Adressbuch von 1938 als "Adolf-Hitler-Straße 38" verzeichnet.<ref>Adressbuch für die Städte Schötmar und Bad Salzuflen, Schötmar 1938, S. 18.</ref> | ||
==Geschichte== | ==Geschichte== | ||
Das drei Geschosse umfassende, fünfachsige Gebäude Am Markt 38 gehört nicht nur zu den bekanntesten, sondern auch zu den ältesten und bedeutendsten Häusern der Stadt Bad Salzuflen. Die Inschrift an der Auslucht (Niederdeutsch „Utlucht“) gibt für das Haus in der beschriebenen Form das Erbauungsjahr 1620 an, wobei der steinerne Unterbau wohl älteren Datums ist.<ref>vgl. {{WiesekopsiekerInschriften2011}}, S. 6-8.</ref> | |||
Seit den 1790er Jahren gehört das Gebäude der bis heute namensgebenden Familie Brandes, die dort 1792 die bis heute bestehende Apotheke einrichtete und einen der berühmtesten Bürger der Stadt hervorbrachte: den „Hof- und Medicinalrath“ Dr. Rudolph Brandes.<ref>vgl. Ebd.</ref> | |||
Brandes wurde am 19. Oktober 1796 als Sohn des Braunschweiger Apothekers Johann Gottlieb Brandes (1751-1816) und der Salzufler Pfarrerstochter Friederike Nolte geboren und wuchs im elterlichen Haus an der Marktstraße, heute „Am Markt 38“, auf. Nach dem Abitur am Ratsgymnasium Osnabrück absolvierte er in der dortigen Hirsch-Apotheke, deren Besitzer Rudolf Meyer ein langjähriger Freund seines Vaters war, eine Lehre. Ab 1815 begann er dann ein umfangreiches Studium der Pharmazie, Chemie, Botanik, Mineralogie, Logik und Mathematik in Halle, Erfurt und Jena. Wegen des frühen Todes beider Eltern musste er dieses Studium früh abschließen und promovierte bereits 1817 in Jena mit einer Arbeit über Strontiumminerale. Nach der Absolvierung des Apotheker-Examens im Fürstentum Lippe konnte Brandes am 20. Januar 1819 schließlich die väterliche Apotheke übernehmen.<ref>. vgl. Jürgen Scheffler, Aufbruch in die Moderne. Salzuflen vom letzten Drittel des 18. Jahrhunderts bis zur Gründung des Kaiserreiches, in: Franz Meyer (Hrsg.), Bad Salzuflen. Epochen der Stadtgeschichte, Bielefeld 2007, S. 149-191, hier S. 159-162.</ref> | |||
Neben seinem Betrieb widmete er sich einem breiten Spektrum an naturwissenschaftlichen, publizistischen, sozialen und politischen Tätigkeiten, die ihm bald auch zu überregionaler Bekanntheit verhalfen. So war er Mitgründer des 1820 in Minden gebildeten und 1921 in „Apotheker-Verein für das nördliche Teutschland“ umbenannten Vereins, dessen Oberdirektor er bis zu seinem Tode blieb. Außerdem veröffentlichte er zahlreiche Abhandlungen, etwa zu den Mineralquellen von Pyrmont und Meinberg, oder zu Sanitär- und Hygienefragen. Zweimal, 1820 und 1828, traf er Johann Wolfgang Goethe in Weimar und verfasste nach dessen Tod einen Nachruf auf den berühmten Zeitgenossen im „Archiv der Pharmacie“. Außerdem war Brandes Mitglied zahlreicher lippischer, deutscher und internationaler Organisationen, Verbände und Vereine. Seit der Gründung der „Armenkomission“ gehörte er dieser Institution an und hatte in diesem Kontext insbesondere die Aufsicht über das Salzufler Armenhaus. Weitere Aspekte seines Engagements bestanden in seiner Mitgliedschaft im Magistrat in der Schulkommission zwischen 1835 und 1842 sowie der Einrichtung zweier wohltätiger Stiftungen zur Vergabe von Stipendien und der Unterstützung bedürftiger Stadtbewohner. Mit gerade einmal 47 Jahren verstarb der berühmte Pharmazeut, Magistrat und Publizist am 03. Dezember 1842 an den Folgen einer „Unterleibskrankheit“ und eines „Hirnleidens“.<ref>vgl. Ebd.</ref> | |||
Die später unter der Adresse „Am Markt 38“ geführte Hausstätte, in der sich bis heute eine Apotheke befindet, blieb im Besitz der Pharmazeutenfamilie Brandes. 1931 ließ der ebenfalls als Apotheker tätige Karl Brandes das Gebäude restaurieren, wobei der seit Mitte des 19. Jahrhunderts verputze Giebel wieder freigelegt wurde.<ref>vgl. {{WiesekopsiekerInschriften2011}}, S. 6-8.</ref> | |||
==Gebäude== | ==Gebäude== | ||
[[Datei:Am_Markt_38_Stephan_09_04_2025_03.jpg|thumb|Die „Brandes’sche Apotheke“ in Bad Salzuflen, Foto: Lennart Stephan, 2025]] | |||
Das Gebäude, heute unter der Adresse „Am Markt 38“ geführt, liegt am namensgebenden historischen Marktplatz der Stadt Bad Salzuflen. Das fünfachsige Haus umfasst drei Geschosse. Die Inschrift an der Auslucht (Niederdeutsch „Utlucht“) gibt für das Haus in der beschriebenen Form das Erbauungsjahr 1620 an, wobei der steinerne Unterbau wohl älteren Datums ist.<ref><{{WiesekopsiekerInschriften2011}}, S. 6-8.</ref> | |||
Historisch interessant ist das Gebäude nicht nur aufgrund der Architektur und der teilweise sehr prominenten Bewohnerschaft, sondern auch aufgrund der zwischen 1620 und 1931 entstandenen Inschriften. Diese wurden 1931 bei der Restaurierung des Hauses wieder freigelegt, mussten aber aufgrund der teilweisen Zerstörung rekonstruiert werden. Zwischen der Mitte des 19. Jahrhunderts und 1931 war der Giebel, der Mode der Zeit entsprechend, verputzt.<ref>vgl. Ebd.</ref> | |||
==Inschriften== | ==Inschriften== | ||
Das Gebäude weist mehrere, in den Jahren zwischen 1620 und 1931 entstandene Inschriften auf, die zum Teil unzusammenhängend nebeneinanderstehen.<ref>Sofern nicht anders ausgewiesen, Informationen zu den folgenden Einträgen entnommen aus: {{WiesekopsiekerInschriften2011}}, S. 6-8.</ref> | |||
IONAS I. CAP[ITULUM] | |||
PRUDENTIA, PATIENTIA [Deutsch: Klugheit, Geduld] | |||
BENDICE IOVA NIL VALET INVIDIA – DEN SEGEN GOTTES. VNSERES HERN. EINNICHTIG – EHRE . FREUNSCHAFT . VATERLAND | |||
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K[ARL] B[RANDES] [dazwischen ist eine Fackel gesetzt] | |||
IOST KLOET . ANNA MENCKHVSEN: HEBBEN DIS HES GEBWET: 1620 | |||
Für die Inschrift am Schwebebalken ist zu beachten, dass diese bei der Abtragung des Putzes im Jahr 1931 derart zerstört vorgefunden wurden, dass die Wörter teilweise rekonstruiert werden mussten. Der Bad Salzufler Historiker und Latinist Dr. Stefan Wiesekopsieker geht aufgrund des Versmaßes und der fehlerhaften Zahlenchiffre – die Gesamtzahl der Buchstaben in der rekonstruierten Fassung entspricht nicht dem Wert 1620, also dem Erbauungsdatum - davon aus, dass das in diesem Kontext gewählte Wort „BENEDICE“ mit großer Sicherheit nicht der Ursprungsform entspricht. Denkbar sei eher eine Inschrift nach der Art „DANTE DEO IOVA NIL VALET INVIDIA“ [Deutsch: Wenn Gott, der Herr, (es) vergönnt, vermag der Neid nichts].<ref>Übersetzung Dr. Stefan Wiesekopsieker.</ref> | |||
==Eigentümer*innen, Bewohner*innen== | ==Eigentümer*innen, Bewohner*innen== | ||
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1562/67 Jürgen Vedder. | 1562/67 Jürgen Vedder. | ||
1562/67 Johann Ernsting; trug bis 1633 an einer Hypot.-Schuld ab, die seit einer Obligation von 1516 auf dem Haus lag; vgl. auch Haus Ritterstraße Nr.8 (Bad Salzuflen). | 1562/67 Johann Ernsting; trug bis 1633 an einer Hypot.-Schuld ab, die seit einer Obligation von 1516 auf dem Haus lag; vgl. auch Haus Ritterstraße Nr. 8 (Bad Salzuflen). | ||
1620/54 Jobst Klodt / Kloett; Kramer u. Weinhändler; verheiratet mit der Tochter des Rittmstr. Gert Cleve. | 1620/54 Jobst Klodt / Kloett; Kramer u. Weinhändler; verheiratet mit der Tochter des Rittmstr. Gert Cleve. | ||
1655/71 Johann Koch; Wandschneider u. Linnenhändler; kaufte die Wohnstätte 1655, wohnte früher z.H. in der Unteren Mühlenstraße 12–14 (früher Nr. 10-11); besaß dann zwei Häuser; | 1655/71 Johann Koch; Wandschneider u. Linnenhändler; kaufte die Wohnstätte 1655, wohnte früher z.H. in der Unteren Mühlenstraße 12–14 (früher Nr. 10-11); besaß dann zwei Häuser; eines davon kauft 1684 Joh. Barkhausen; Wenkenstraße 17? | ||
1683 Jobst Vogett; Bürgermeister | 1683 Jobst Vogett; Bürgermeister | ||
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Seit 1818 der namensgebende Dr. Rudolf Brandes; Inhaber. | Seit 1818 der namensgebende Dr. Rudolf Brandes; Inhaber. | ||
1825/37 Dr. Rudolf Brandes; Hofrat; geboren am 18.10.1795, gestorben am 03.12.1842 | 1825/37 Dr. Rudolf Brandes; Hofrat; geboren am 18.10.1795, gestorben am 03.12.1842; Erste Eheschließung am 02.05.1824 mit Henriette Weßel, Tochter des Amtsvogts z. Schötmar. | ||
1833 Dr. R. Brandes | 1833 Dr. R. Brandes kaufte von der Witwe Barckhausen (Hausstätte Am Markt 34, „Altes Bürgermeisterhaus“) den Gang zwischen beiden Scheunen. | ||
1842 Hofrat Dr. Rudolf Brandes gestorben am 04.12.; am 04. Dezember übernahm die Verwaltung der Brandes'schen Apotheke zunächst der Provisor Wolf, am 01. April 1845 der Apothekergehilfe Wilhelm Grün. | 1842 Hofrat Dr. Rudolf Brandes gestorben am 04.12.; am 04. Dezember übernahm die Verwaltung der Brandes'schen Apotheke zunächst der Provisor Wolf, am 01. April 1845 der Apothekergehilfe Wilhelm Grün. | ||
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1878/80 Robert Brandes. | 1878/80 Robert Brandes. | ||
1901 Karl Brandes, Apotheker, und Marie Meier, Haushälterin. <ref>{{LippeAdressbuch1901}}, S. 120.</ref> | 1901 Karl Brandes, Apotheker, und Marie Meier, Haushälterin.<ref>{{LippeAdressbuch1901}}, S. 120.</ref> | ||
1926 Karl Brandes; Wilhelm Geilker, Apotheken-Verwalter, und Josef Haupt, Apotheker.<ref>Adreßbuch des Landes Lippe, Detmold 1926, S. 407.</ref> | 1926 Karl Brandes; Wilhelm Geilker, Apotheken-Verwalter, und Josef Haupt, Apotheker.<ref>Adreßbuch des Landes Lippe, Detmold 1926, S. 407.</ref> | ||
1931 Karl Brandes.<ref>{{WiesekopsiekerInschriften2011}}, S. 6.</ref> | |||
1938 Karl Brandes und Marie Brandes, Ww.<ref>Adressbuch für die Städte Schötmar und Bad Salzuflen, Schötmar 1938, S. 18.</ref> | |||
1951 „Brandes’sche Apotheke am Markt“; Karl Brandes, Apotheker, und Flora Bittner, Kinderpflegerin.<ref>Adreßbuch für Bad Salzuflen. Mit Gewerbeverzeichnis der Stadt Schötmar, Detmold 1951, S. 29 und 116.</ref> | |||
1954 „Brandes’sche Apotheke am Markt 38, Inhaber Karl Brandes“; Karl Brandes, Apotheker.<ref>Lippisches Landes-Adreßbuch, Detmold 1954, S. 296.</ref> | |||
==Literatur== | ==Literatur== | ||
Otto Pölert, Alte Häuser Salzuflens. Besitzer, Bewohner, um 1960. Stadtarchiv Bad Salzuflen Msc Nr. 13. | |||
Stefan Wiesekopsieker, Schriften an Bad Salzufler Häusern (Bad Salzufler Haus- und Hofgeschichten 2), Bad Salzuflen 2011 [2009]. | |||
Jürgen Scheffler, Aufbruch in die Moderne. Salzuflen vom letzten Drittel des 18. Jahrhunderts bis zur Gründung des Kaiserreiches, in: Franz Meyer (Hrsg.), Bad Salzuflen. Epochen der Stadtgeschichte, Bielefeld 2007, S. 149-191. | |||
==Quellen== | ==Quellen== | ||
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Adreßbuch des Landes Lippe, Detmold 1926. | Adreßbuch des Landes Lippe, Detmold 1926. | ||
Adressbuch für die Städte Schötmar und Bad Salzuflen, Schötmar 1938. | |||
Adreßbuch für Bad Salzuflen. Mit Gewerbeverzeichnis der Stadt Schötmar, Detmold 1951. | |||
Lippisches Landes-Adreßbuch, Detmold 1954. | |||
==Weblinks== | ==Weblinks== |
Version vom 15. April 2025, 16:06 Uhr
Am Markt 38 (Bad Salzuflen) | |
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Ortsteil | Bad Salzuflen (Kernstadt) |
Straße | Am Markt (Bad Salzuflen) |
Hausnummer | 38 |
Karte | |
Adressbuch von 1901 | Ja |
Gemeinde | Salzuflen (Kernstadt) |
Hausnummer | Marktstraße 01 |
Die sogenannte „Brandes’sche Apotheke“, bis 1878 Salzuflen Nr. 6, zwischen 1878 und 1933 Marktstraße 1.[1] Im Adressbuch von 1938 als "Adolf-Hitler-Straße 38" verzeichnet.[2]
Geschichte
Das drei Geschosse umfassende, fünfachsige Gebäude Am Markt 38 gehört nicht nur zu den bekanntesten, sondern auch zu den ältesten und bedeutendsten Häusern der Stadt Bad Salzuflen. Die Inschrift an der Auslucht (Niederdeutsch „Utlucht“) gibt für das Haus in der beschriebenen Form das Erbauungsjahr 1620 an, wobei der steinerne Unterbau wohl älteren Datums ist.[3]
Seit den 1790er Jahren gehört das Gebäude der bis heute namensgebenden Familie Brandes, die dort 1792 die bis heute bestehende Apotheke einrichtete und einen der berühmtesten Bürger der Stadt hervorbrachte: den „Hof- und Medicinalrath“ Dr. Rudolph Brandes.[4]
Brandes wurde am 19. Oktober 1796 als Sohn des Braunschweiger Apothekers Johann Gottlieb Brandes (1751-1816) und der Salzufler Pfarrerstochter Friederike Nolte geboren und wuchs im elterlichen Haus an der Marktstraße, heute „Am Markt 38“, auf. Nach dem Abitur am Ratsgymnasium Osnabrück absolvierte er in der dortigen Hirsch-Apotheke, deren Besitzer Rudolf Meyer ein langjähriger Freund seines Vaters war, eine Lehre. Ab 1815 begann er dann ein umfangreiches Studium der Pharmazie, Chemie, Botanik, Mineralogie, Logik und Mathematik in Halle, Erfurt und Jena. Wegen des frühen Todes beider Eltern musste er dieses Studium früh abschließen und promovierte bereits 1817 in Jena mit einer Arbeit über Strontiumminerale. Nach der Absolvierung des Apotheker-Examens im Fürstentum Lippe konnte Brandes am 20. Januar 1819 schließlich die väterliche Apotheke übernehmen.[5]
Neben seinem Betrieb widmete er sich einem breiten Spektrum an naturwissenschaftlichen, publizistischen, sozialen und politischen Tätigkeiten, die ihm bald auch zu überregionaler Bekanntheit verhalfen. So war er Mitgründer des 1820 in Minden gebildeten und 1921 in „Apotheker-Verein für das nördliche Teutschland“ umbenannten Vereins, dessen Oberdirektor er bis zu seinem Tode blieb. Außerdem veröffentlichte er zahlreiche Abhandlungen, etwa zu den Mineralquellen von Pyrmont und Meinberg, oder zu Sanitär- und Hygienefragen. Zweimal, 1820 und 1828, traf er Johann Wolfgang Goethe in Weimar und verfasste nach dessen Tod einen Nachruf auf den berühmten Zeitgenossen im „Archiv der Pharmacie“. Außerdem war Brandes Mitglied zahlreicher lippischer, deutscher und internationaler Organisationen, Verbände und Vereine. Seit der Gründung der „Armenkomission“ gehörte er dieser Institution an und hatte in diesem Kontext insbesondere die Aufsicht über das Salzufler Armenhaus. Weitere Aspekte seines Engagements bestanden in seiner Mitgliedschaft im Magistrat in der Schulkommission zwischen 1835 und 1842 sowie der Einrichtung zweier wohltätiger Stiftungen zur Vergabe von Stipendien und der Unterstützung bedürftiger Stadtbewohner. Mit gerade einmal 47 Jahren verstarb der berühmte Pharmazeut, Magistrat und Publizist am 03. Dezember 1842 an den Folgen einer „Unterleibskrankheit“ und eines „Hirnleidens“.[6]
Die später unter der Adresse „Am Markt 38“ geführte Hausstätte, in der sich bis heute eine Apotheke befindet, blieb im Besitz der Pharmazeutenfamilie Brandes. 1931 ließ der ebenfalls als Apotheker tätige Karl Brandes das Gebäude restaurieren, wobei der seit Mitte des 19. Jahrhunderts verputze Giebel wieder freigelegt wurde.[7]
Gebäude

Das Gebäude, heute unter der Adresse „Am Markt 38“ geführt, liegt am namensgebenden historischen Marktplatz der Stadt Bad Salzuflen. Das fünfachsige Haus umfasst drei Geschosse. Die Inschrift an der Auslucht (Niederdeutsch „Utlucht“) gibt für das Haus in der beschriebenen Form das Erbauungsjahr 1620 an, wobei der steinerne Unterbau wohl älteren Datums ist.[8]
Historisch interessant ist das Gebäude nicht nur aufgrund der Architektur und der teilweise sehr prominenten Bewohnerschaft, sondern auch aufgrund der zwischen 1620 und 1931 entstandenen Inschriften. Diese wurden 1931 bei der Restaurierung des Hauses wieder freigelegt, mussten aber aufgrund der teilweisen Zerstörung rekonstruiert werden. Zwischen der Mitte des 19. Jahrhunderts und 1931 war der Giebel, der Mode der Zeit entsprechend, verputzt.[9]
Inschriften
Das Gebäude weist mehrere, in den Jahren zwischen 1620 und 1931 entstandene Inschriften auf, die zum Teil unzusammenhängend nebeneinanderstehen.[10]
IONAS I. CAP[ITULUM]
PRUDENTIA, PATIENTIA [Deutsch: Klugheit, Geduld]
BENDICE IOVA NIL VALET INVIDIA – DEN SEGEN GOTTES. VNSERES HERN. EINNICHTIG – EHRE . FREUNSCHAFT . VATERLAND
ERNEUERT: 1931 K[ARL] B[RANDES] [dazwischen ist eine Fackel gesetzt]
IOST KLOET . ANNA MENCKHVSEN: HEBBEN DIS HES GEBWET: 1620
Für die Inschrift am Schwebebalken ist zu beachten, dass diese bei der Abtragung des Putzes im Jahr 1931 derart zerstört vorgefunden wurden, dass die Wörter teilweise rekonstruiert werden mussten. Der Bad Salzufler Historiker und Latinist Dr. Stefan Wiesekopsieker geht aufgrund des Versmaßes und der fehlerhaften Zahlenchiffre – die Gesamtzahl der Buchstaben in der rekonstruierten Fassung entspricht nicht dem Wert 1620, also dem Erbauungsdatum - davon aus, dass das in diesem Kontext gewählte Wort „BENEDICE“ mit großer Sicherheit nicht der Ursprungsform entspricht. Denkbar sei eher eine Inschrift nach der Art „DANTE DEO IOVA NIL VALET INVIDIA“ [Deutsch: Wenn Gott, der Herr, (es) vergönnt, vermag der Neid nichts].[11]
Eigentümer*innen, Bewohner*innen
1549/56 Johan Vedder.[12]
1562/67 Jürgen Vedder.
1562/67 Johann Ernsting; trug bis 1633 an einer Hypot.-Schuld ab, die seit einer Obligation von 1516 auf dem Haus lag; vgl. auch Haus Ritterstraße Nr. 8 (Bad Salzuflen).
1620/54 Jobst Klodt / Kloett; Kramer u. Weinhändler; verheiratet mit der Tochter des Rittmstr. Gert Cleve.
1655/71 Johann Koch; Wandschneider u. Linnenhändler; kaufte die Wohnstätte 1655, wohnte früher z.H. in der Unteren Mühlenstraße 12–14 (früher Nr. 10-11); besaß dann zwei Häuser; eines davon kauft 1684 Joh. Barkhausen; Wenkenstraße 17?
1683 Jobst Vogett; Bürgermeister
1684 die Witwe des Jobst Vogett
1684 Johann Barckhausen geboren ca. 1654; gestorben 01.01.1700
1702 Witwe des Johann Barckhausen; Anna Marg., geborene Giesenbier
1748/55 Friedrich Adolph Barckhausen; Lieutnant, gestorben am 17.10.1757; verheiratet ab dem 21.10.1738 mit Henr. Louise Vogel, jüngste Tochter des Bürgermeisters Vogel
1760 Die Witwe des Friedrich Adolph Barckhausen; Haus und Scheune; (700 + 300 Thl.)
1767 Dies.
1772 Dies.
1776 Dies.
1778 Dies.; „Frau Leutnantin“; geb. Vogel 1713, gestorben am 15.5.1794; Witwe des Leutn. Friedr. Adolph Barckhausen.
1782 Dies.; „die Witwe des Lieutenant Barkhausen“.
1794 Dies.; „Frau Lieutenantin“; gestorben; die Erben verkauften das Haus für 1.400 Thl. an J. Gottlieb Brandes.
1792/1816 J. Gottlieb Brandes; Apotheker; geboren im Dezember 1750, gestorben am 16.10.1816; ab 1793 verheiratet mit Friederike, Tochter des Pfarrers Nolte; besaß 5 Schff. Land, (~ 29.11.1769, gest. 23.4.1815).
1817/37 Brandes Erben und die Witwe des Pfarrers Nolte.
Seit 1818 der namensgebende Dr. Rudolf Brandes; Inhaber.
1825/37 Dr. Rudolf Brandes; Hofrat; geboren am 18.10.1795, gestorben am 03.12.1842; Erste Eheschließung am 02.05.1824 mit Henriette Weßel, Tochter des Amtsvogts z. Schötmar.
1833 Dr. R. Brandes kaufte von der Witwe Barckhausen (Hausstätte Am Markt 34, „Altes Bürgermeisterhaus“) den Gang zwischen beiden Scheunen.
1842 Hofrat Dr. Rudolf Brandes gestorben am 04.12.; am 04. Dezember übernahm die Verwaltung der Brandes'schen Apotheke zunächst der Provisor Wolf, am 01. April 1845 der Apothekergehilfe Wilhelm Grün.
1851 „Hofrätin Brandes“: Louise, geb. Weßel, Tochter des Amtsvogtes zu Schötmar. Zweite Ehefrau des Hof- und Med.-Rats Dr. Brandes.
1857 Brandes; Apotheker.
1871/4 Rob. Brandes, Apotheker, und seine Frau Clara.
1878/80 Robert Brandes.
1901 Karl Brandes, Apotheker, und Marie Meier, Haushälterin.[13]
1926 Karl Brandes; Wilhelm Geilker, Apotheken-Verwalter, und Josef Haupt, Apotheker.[14]
1931 Karl Brandes.[15]
1938 Karl Brandes und Marie Brandes, Ww.[16]
1951 „Brandes’sche Apotheke am Markt“; Karl Brandes, Apotheker, und Flora Bittner, Kinderpflegerin.[17]
1954 „Brandes’sche Apotheke am Markt 38, Inhaber Karl Brandes“; Karl Brandes, Apotheker.[18]
Literatur
Otto Pölert, Alte Häuser Salzuflens. Besitzer, Bewohner, um 1960. Stadtarchiv Bad Salzuflen Msc Nr. 13.
Stefan Wiesekopsieker, Schriften an Bad Salzufler Häusern (Bad Salzufler Haus- und Hofgeschichten 2), Bad Salzuflen 2011 [2009].
Jürgen Scheffler, Aufbruch in die Moderne. Salzuflen vom letzten Drittel des 18. Jahrhunderts bis zur Gründung des Kaiserreiches, in: Franz Meyer (Hrsg.), Bad Salzuflen. Epochen der Stadtgeschichte, Bielefeld 2007, S. 149-191.
Quellen
Adressbuch für das Fürstenthum Lippe, Detmold 1901.
Adreßbuch des Landes Lippe, Detmold 1926.
Adressbuch für die Städte Schötmar und Bad Salzuflen, Schötmar 1938.
Adreßbuch für Bad Salzuflen. Mit Gewerbeverzeichnis der Stadt Schötmar, Detmold 1951.
Lippisches Landes-Adreßbuch, Detmold 1954.
Weblinks
Einzelnachweise
- ↑ Vorlage:PölertHäuser1960, Nr. 6.
- ↑ Adressbuch für die Städte Schötmar und Bad Salzuflen, Schötmar 1938, S. 18.
- ↑ vgl. Vorlage:WiesekopsiekerInschriften2011, S. 6-8.
- ↑ vgl. Ebd.
- ↑ . vgl. Jürgen Scheffler, Aufbruch in die Moderne. Salzuflen vom letzten Drittel des 18. Jahrhunderts bis zur Gründung des Kaiserreiches, in: Franz Meyer (Hrsg.), Bad Salzuflen. Epochen der Stadtgeschichte, Bielefeld 2007, S. 149-191, hier S. 159-162.
- ↑ vgl. Ebd.
- ↑ vgl. Vorlage:WiesekopsiekerInschriften2011, S. 6-8.
- ↑ <Vorlage:WiesekopsiekerInschriften2011, S. 6-8.
- ↑ vgl. Ebd.
- ↑ Sofern nicht anders ausgewiesen, Informationen zu den folgenden Einträgen entnommen aus: Vorlage:WiesekopsiekerInschriften2011, S. 6-8.
- ↑ Übersetzung Dr. Stefan Wiesekopsieker.
- ↑ Sofern nicht anders ausgewiesen, Informationen zu diesem und folgenden Einträgen entnommen aus: Vorlage:PölertHäuser1960, Nr. 6.
- ↑ Adressbuch für das Fürstenthum Lippe, Detmold 1901 Digitalisat, S. 120.
- ↑ Adreßbuch des Landes Lippe, Detmold 1926, S. 407.
- ↑ Vorlage:WiesekopsiekerInschriften2011, S. 6.
- ↑ Adressbuch für die Städte Schötmar und Bad Salzuflen, Schötmar 1938, S. 18.
- ↑ Adreßbuch für Bad Salzuflen. Mit Gewerbeverzeichnis der Stadt Schötmar, Detmold 1951, S. 29 und 116.
- ↑ Lippisches Landes-Adreßbuch, Detmold 1954, S. 296.
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