Istruper Straße 30 (Wellentrup): Unterschied zwischen den Versionen
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}}Der alte "Stiewenhof" Nr. 5 wurde 1893 mit dem Nachbarhof Lohmeier Nr. 3 zum heutigen Hof Stiewe ([[Istruper Straße 31 (Wellentrup)|Istruper Straße 31]]) zusammengelegt. 1899 kaufte der Wellentruper Landwirt | |Koordinaten=51.94245, 9.02987 | ||
|Adressbuch1901=Ja | |||
|Ortsteil1901=Wellentrup | |||
|Hausnummer1901=005 | |||
}}Der alte "Stiewenhof" Nr. 5 wurde 1893 mit dem Nachbarhof Lohmeier Nr. 3 zum heutigen Hof Stiewe ([[Istruper Straße 31 (Wellentrup)|Istruper Straße 31]]) zusammengelegt. 1899 kaufte der Wellentruper Landwirt August Henkord die Hofstelle und siedelte seinen Hof Nr. 6 von seinem bisherigen Standort in beengter Ortslage ([[Alte Ortsstraße 12 (Wellentrup)|Alte Ortsstraße 12]]) dorthin aus. Heute ist der Hof ein großer Milchviehbetrieb in Wellentrup. | |||
[[Datei:Wellentrup, Hof Henkord Nr. 6, früher Stiewe Nr. 5 um 1955.jpg|mini|Wellentrup, der alte Hof Stiewe Nr. 5 wurde 1899 von Henkord Nr. 6 erworben. Koloriertes Luftbild um 1955, Ausschnitt]] | |||
[[Datei:Wellentrup Istruper Str. 30 Winter.jpg|mini|Wellentrup, Hof Istruper Str. 30 im Winter. Foto: Heinrich Stiewe 1991]] | |||
==Geschichte== | ==Geschichte== | ||
Der spätere Hof Stiewe entstand wohl noch vor 1100 als frühe Rodung und | Halbspänner, 1829 "kleiner Halbmeier" (bückeburgische Nr. 28) | ||
Der spätere Hof Stiewe entstand wohl noch vor 1100 als frühe Rodung und Siedlungserweiterung mit Waldhufenflur am nordöstlichen Rand von Wellentrup. Der Hof gehörte vermutlich ursprünglich zur Grundherrschaft der Schwalenberger Grafen und zum ältesten Güterbesitz des 1128 von Widukind II. von Schwalenberg gegründeten Benediktinerklosters Marienmünster im heutigen Kreis Höxter. | |||
Der Hofname ist schwer zu deuten; Eduard Schulte, der 1948 ein unvollendetes Manuskript zur Hofgeschichte verfasste, deutet ''de Stieve'' als "der Steife, Unbeugsame". Bis ins 19. Jahrhundert bleibt die Schreibweise mit "v" vorherrschend, manchmal auch mit "f", was darauf hinweisen könnte, dass der zweite Konsonant des Namens früher schärfer als heute ausgesprochen wurde. Erst ab 1865 setzte sich die heutige Schreibweise ''Stiewe'' mit "w" durch. Heinrich Pohlmeier aus Holstenhöfen (Bauerschaft Istrup) nahm den Namen Stiewe bei seiner Einheirat 1965 an, obwohl die Annahme des Hofnamens durch einheiratende Männer 1864 abgeschafft worden war. | Der Hofname ist schwer zu deuten; Eduard Schulte, der 1948 ein unvollendetes Manuskript zur Hofgeschichte verfasste, deutet ''de Stieve'' als "der Steife, Unbeugsame". Bis ins 19. Jahrhundert bleibt die Schreibweise mit "v" vorherrschend, manchmal auch mit "f", was darauf hinweisen könnte, dass der zweite Konsonant des Namens früher schärfer als heute ausgesprochen wurde. Erst ab 1865 setzte sich die heutige Schreibweise ''Stiewe'' mit "w" durch. Heinrich Pohlmeier aus Holstenhöfen (Bauerschaft Istrup) nahm den Namen Stiewe bei seiner Einheirat 1965 an, obwohl die Annahme des Hofnamens durch einheiratende Männer 1864 abgeschafft worden war. | ||
==Gebäude== | ==Gebäude== | ||
'''Wohnhaus von 1869:''' Großes Dielenhaus (Vierständerbau) mit Backsteinaußenwänden, Giebeldreiecke und | '''Wohnhaus von 1869:''' Großes Dielenhaus (Vierständerbau) mit Backsteinaußenwänden und Sandsteintorbogen, Giebeldreiecke, Wohnteil und Innenwände aus Fachwerk, Wohnteil verschiefert. | ||
[[Datei:Wellentrup, Istruper Str. 30, 1869 Aufmaß Stiewe.jpg|mini|Wellentrup, Istruper Str. 30, Wohnhaus von 1869, Fassade. Aufmaß und Zeichnung: Heinrich Stiewe 1996]] | |||
'''Speicher und Backhaus, um 1860:''' Eingeschossiger Bruchsteinbau mit Fachwerkgiebel, später mit der Scheune verbunden und als Kälber- und Schweinestall genutzt. | |||
[[Datei:Wellentrup, Istruper Str. 30, Schuppen 2017.jpg|mini|Scheune, um 1870, Ansicht von Westen mit Torbogen von 1743. Foto: Stiewe 2017]] | |||
'''Scheune, um 1870:''' Fachwerkbau mit Querdurchfahrt, Untergeschoß z.T. aus Bruchstein. In dem Bau wurden zwei ältere Torbögen von 1743 und 1759 wieder eingefügt. | |||
==Inschriften== | |||
'''Wohnhaus von 1869:''' Torbogen aus großen Sandsteinquadern, breiter Schlussstein mit eingemeißelter Inschrift: | |||
''Heinrich Pohlmeier von Holstenhöfen, und Amalia Stiewe zu Wellentrup. Errichtet den 14. Juli 1869''. | |||
Der Giebelbalken trug eine aufgemalte, heute verwitterte Inschrift: | |||
''Zimmermeister Holtmann aus Siebenhöfen und Maurermeister Wehnekamp.'' | |||
Weitere gemalte Inschriften an den oberen Giebelbrettern: | |||
''Die Gnade des Herrn walte über uns'' (Nordgiebel) und | |||
''Ehre sei Gott in der Höhe'' (Südgiebel). | |||
'''Scheune, um 1870:''' In dem Bau sind zwei alte Torbögen aus dem 18. Jahrhundert wieder eingefügt. Der ältere stammt aus der Zeit des Wiederaufbaus unmittelbar nach dem Dorfbrand von 1743, der jüngere von 1759: | |||
'''1. Torbogen von 1743''', (Westseite, stärker verwittert): | |||
[[Datei:Wellentrup, Istruper Str. 30, Torbogen 1743 2017.jpg|mini|Stark verwitterter Torbogen von 1743. Foto: Stiewe 2017]] | |||
WO. DEIN GESETZE NICHT WÄRE MEIN TROST GEWESEN SO WÄRE ICH VERGANGEN IN MEI[N]EM ELENDE. ICH WILL DEIN BEFEHL NIMMERMEHR VERGESSEN DEN DU E[R]QUICKEST MICH DAMIT ICH BIN DEIN HILFF MIR DEN ICH SUCHE DEIN[E] BEFEHLE. PS. 119 VX 92. ANNO 1743 DEN 6. JULIUS. M. [...] | |||
IOHAN HENRICH STI[...] UND | |||
ANNA ILSABEIN FRIEDRIC[HS]MEIER | |||
''' | '''2. Torbogen von 1758''', (Ostseite): | ||
[[Datei:Wellentrup Nr. 6, Torbogen 1759 Pahmeier 1970 LLB BA TB-7-56.jpg|mini|Scheune aus der Zeit um 1870, Torbogen von 1759. Auf dem Bild zeigt der Torbogen noch die vermutlich bauzeitliche Farbfassung mit schwarzer Inschrift auf steingrauem Grund. Foto: Friedrich W. Pahmeier, 1970 (Lippische Landesbibliothek Detmold, BA TB-7-56)]] | |||
PSALM 42.2. WIE DER HIRSCH SCHREIET NACH FRISCHEM WASSER SO SCHREIETMEINE SEELE GOTT ZU DIR. MEINE SEEL DÜRSTET NACH GOTT NACH DEM LEBENDIGEN GOTT. WANN WERDE ICH DAHIN KOMMEN DASZ ICH ANGESICHT SCHAUE. V.29. ABER DAS IST MEINE FREUDE DASZ ICH MICH ZU GOTT HALTE. UND MEINE ZUFERSICHT SETZE AUF DEN HERRN HERRN DASZ ICH VERKÜNDIG ALLE DEIN THUN. | |||
ANNO 1759 DEN 9. JULIUS M.F.H.F. | ANNO 1759 DEN 9. JULIUS M.F.H.F. | ||
IOHAN HE[N]RICH STIFE UND | |||
AN[NA] MARIA ELIESEBET SIMONS | |||
Das Monogramm „M.F.H.F.“ steht für den Zimmermeister Franz Henrich Franz aus Reelkirchen, der in Wellentrup auch das Haus [[Am Mühlenfeld 14 (Wellentrup)|Brokmann Nr. 12]] (1752) errichtete. Dem Zimmermeister Franz ist auch der sehr ähnliche Torbogen von 1743 an der Westseite der Scheune zuzuschreiben, doch ist das dortige Meistermonogramm stark verwittert und nicht mehr zu entziffern. | |||
==Eigentümer*innen, Bewohner*innen== | ==Eigentümer*innen, Bewohner*innen== | ||
1467, 1488, 1497 ''de Stive'' (L) | 1467, 1488, 1497 ''de Stive'' (Landschatzregister, L) | ||
1535, 1545 ''de Styve'' (L) | 1535, 1545 ''de Styve'' (L) | ||
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1562 ''Henncke Styve'' (L) | 1562 ''Henncke Styve'' (L) | ||
1598 NN Stive oo Johan Meier, wird Stive (GoG).1600 sie oo II. Tönnies Schrei aus Kleinenmarpe (GoG), wird Stive | 1598 NN Stive oo Johan Meier, wird Stive (Gogerichtsregister, GoG).1600 sie oo II. Tönnies Schrei aus Kleinenmarpe (GoG), wird Stive | ||
1617 Heinrich Stieve ( | 1617 ''Heinrich Stieve'' (Viehschatzregister); 1618 ''Hencke Stive'' (L) | ||
1625/26 | 1625/26 Johan Stive oo Liesebeth Meyer aus Istrup (GoG). 1641/42 sie oo II. Jochim Kuhlemeyer (Interimswirt) | ||
1644 Jochim Stieve (35 Jahre), seine Fraw heiße Liesebeth (36 J.), ''und sey aus dem Meyer Hoefe zu Ißtorff bürtig'', 3 Stiefkinder: Dietrich, 15 J.; Tönnies, 12 J.; Heinrich, 10 J. Sohn Johann,18 Wochen (S). 1650 sie oo II.: ''Fritze Veldtman hat sich an die Wittiben Stiffen befreit'' (GoG, Interimswirt) | 1644 ''Jochim Stieve'' (35 Jahre), ''seine Fraw heiße Liesebeth'' (36 J.), ''und sey aus dem Meyer Hoefe zu Ißtorff bürtig'', 3 Stiefkinder: Dietrich, 15 J.; Tönnies, 12 J.; Heinrich, 10 J. Sohn Johann,18 Wochen (Salbuch, S). 1650 sie oo II.: ''Fritze Veldtman hat sich an die Wittiben Stiffen befreit'' (GoG, Interimswirt) | ||
1659 Dieterich Stiefe (Sohn aus 1. Ehe) oo Ilsabe Flake aus Höntrup (?) (GoG) | 1659 Dieterich Stiefe (Sohn aus 1. Ehe) oo Ilsabe Flake aus Höntrup (?) (GoG) | ||
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1720/21 Hofübergabe an Johan Henrich Stieve (Sohn aus 1. Ehe), oo 1722 Anna Maria Hagedorn aus Wellentrup. 1725 er oo II. Cathrina Ilsabeen Friedrichs(-meier) aus Siebenhöfen | 1720/21 Hofübergabe an Johan Henrich Stieve (Sohn aus 1. Ehe), oo 1722 Anna Maria Hagedorn aus Wellentrup. 1725 er oo II. Cathrina Ilsabeen Friedrichs(-meier) aus Siebenhöfen | ||
1743, Dorfbrand vom 9. Mai: Wohnhaus, Leibzucht, Schoppen und Backhaus abgebrannt | 1743, Dorfbrand vom 9. Mai: Wohnhaus, Leibzucht, Schoppen und Backhaus abgebrannt. Das Wohnhaus wurde noch im selben Jahr wiederaufgebaut, laut Inschrift auf dem erhaltenen Torbogen wurde es schon am 6. Juli 1743, also keine zwei Monate nach dem Brand, gerichtet. 1746 er oo III. Christine Elisabeth Hummerich aus Brake | ||
1758 Johan Henrich Stieve (Sohn aus 1. Ehe) oo Anna Maria Elisabeth | 1758 Johan Henrich Stieve (Sohn aus 1. Ehe) oo Anna Maria Elisabeth Simons (-meier) aus Herrentrup. 1759 Hausbau (erhaltener Torbogen) | ||
1784 Amalia Elisabeth Stieve (Tochter) oo Johann Henrich Christoph Schlepper aus Billerbeck | 1784 Amalia Elisabeth Stieve (Tochter) oo Johann Henrich Christoph Schlepper aus Billerbeck | ||
1816 Hofübergabe an Joh. Friedr. Christoph Stieve (Sohn aus 1. Ehe); oo 1837 Wilhelmine Mönch aus Wellentrup. 1849 sie oo II. Heinrich Ludwig Köhne aus Brüntrup (Interimswirt, heiratet 1867 auf Hof Mönch Nr. 2 ein, dort ebenfalls Interimswirt) | 1816 Hofübergabe an Joh. Friedr. Christoph Stieve (Sohn aus 1. Ehe); oo 1837 Wilhelmine Mönch aus Wellentrup. 1849 sie oo II. Heinrich Ludwig Köhne aus Brüntrup (Interimswirt, heiratet 1867 auf Hof [[Istruper Straße 27 (Wellentrup)|Mönch Nr. 2]] ein, dort ebenfalls Interimswirt) | ||
1865 Luise Wilhelmine Henriette Stiewe (Tochter aus 1. Ehe) oo Heinrich Christoph Pohlmeier aus Holstenhöfen, wird Stiewe (keine Kinder). 1868 er oo II. Amalie Sophie Henriette Stiewe (* 1850, Halbschwester seiner ersten Frau). 1869 Hausbau (erhaltenes Wohnhaus). 1878 er oo III. Pauline Wilhelmine Elise Jürgenmeier aus Siebenhöfen; 1886 sie oo II. Landwirt Heinrich Sprick aus Hörstmar | 1865 Luise Wilhelmine Henriette Stiewe (Tochter aus 1. Ehe) oo Heinrich Christoph Pohlmeier aus Holstenhöfen, wird Stiewe (keine Kinder). 1868 er oo II. Amalie Sophie Henriette Stiewe (* 1850, Halbschwester seiner ersten Frau). 1869 Hausbau (erhaltenes Wohnhaus). 1878 er oo III. Pauline Wilhelmine Elise Jürgenmeier aus Siebenhöfen; 1886 sie oo II. Landwirt Heinrich Sprick aus Hörstmar | ||
1893 ''Heinrich'' Ludwig Wilhelm Stiewe (Sohn aus 2. Ehe, * 1868) oo Karoline ''Luise'' Ernestine Lohmeier; beziehen den bisherigen Hof Lohmeier | 1893 ''Heinrich'' Ludwig Wilhelm Stiewe (Sohn aus 2. Ehe, * 1868) oo Karoline ''Luise'' Ernestine Lohmeier; beziehen den bisherigen Hof [[Istruper Straße 31 (Wellentrup)|Lohmeier Nr. 3]]. Auf dem Hof Nr. 5 lebt der Gutspächter Heinrich Sprick (Adressbuch, 1901) | ||
1899 Verkauf der alten Hofstelle Nr. 5 an [[Alte Ortsstraße 12 (Wellentrup)|Henkord Nr. 6]], dieser bezieht den alten Hof Stiewe, umfangreicher Ländereitausch (Grundbuch) | |||
1901 [Nr. 6] Henkort, August, Landwirt; Henkort, Fritz, Leibzüchter (Adressbuch) | |||
1926 Henkord, Heinrich, Landw. [Tel.] 76 (Adressbuch) | |||
==Literatur== | ==Literatur== | ||
{{StieweWellentrup2002}}, S. 281f. | |||
Heinrich Stiewe, Die Höfe Stiewe und Lohmeier in Wellentrup, masch-schr. Manuskript Blomberg-Wellentrup 1993. | |||
==Quellen== | ==Quellen== | ||
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{{AutorKategorie}} | {{AutorKategorie}} | ||
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Aktuelle Version vom 5. Januar 2025, 15:01 Uhr
Istruper Straße 30 (Wellentrup) | |
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Ortsteil | Wellentrup |
Straße | Istruper Straße (Wellentrup) |
Hausnummer | 30 |
Karte | |
Adressbuch von 1901 | Ja |
Gemeinde | Wellentrup |
Hausnummer | 005 |
Der alte "Stiewenhof" Nr. 5 wurde 1893 mit dem Nachbarhof Lohmeier Nr. 3 zum heutigen Hof Stiewe (Istruper Straße 31) zusammengelegt. 1899 kaufte der Wellentruper Landwirt August Henkord die Hofstelle und siedelte seinen Hof Nr. 6 von seinem bisherigen Standort in beengter Ortslage (Alte Ortsstraße 12) dorthin aus. Heute ist der Hof ein großer Milchviehbetrieb in Wellentrup.
Geschichte
Halbspänner, 1829 "kleiner Halbmeier" (bückeburgische Nr. 28)
Der spätere Hof Stiewe entstand wohl noch vor 1100 als frühe Rodung und Siedlungserweiterung mit Waldhufenflur am nordöstlichen Rand von Wellentrup. Der Hof gehörte vermutlich ursprünglich zur Grundherrschaft der Schwalenberger Grafen und zum ältesten Güterbesitz des 1128 von Widukind II. von Schwalenberg gegründeten Benediktinerklosters Marienmünster im heutigen Kreis Höxter.
Der Hofname ist schwer zu deuten; Eduard Schulte, der 1948 ein unvollendetes Manuskript zur Hofgeschichte verfasste, deutet de Stieve als "der Steife, Unbeugsame". Bis ins 19. Jahrhundert bleibt die Schreibweise mit "v" vorherrschend, manchmal auch mit "f", was darauf hinweisen könnte, dass der zweite Konsonant des Namens früher schärfer als heute ausgesprochen wurde. Erst ab 1865 setzte sich die heutige Schreibweise Stiewe mit "w" durch. Heinrich Pohlmeier aus Holstenhöfen (Bauerschaft Istrup) nahm den Namen Stiewe bei seiner Einheirat 1965 an, obwohl die Annahme des Hofnamens durch einheiratende Männer 1864 abgeschafft worden war.
Gebäude
Wohnhaus von 1869: Großes Dielenhaus (Vierständerbau) mit Backsteinaußenwänden und Sandsteintorbogen, Giebeldreiecke, Wohnteil und Innenwände aus Fachwerk, Wohnteil verschiefert.
Speicher und Backhaus, um 1860: Eingeschossiger Bruchsteinbau mit Fachwerkgiebel, später mit der Scheune verbunden und als Kälber- und Schweinestall genutzt.
Scheune, um 1870: Fachwerkbau mit Querdurchfahrt, Untergeschoß z.T. aus Bruchstein. In dem Bau wurden zwei ältere Torbögen von 1743 und 1759 wieder eingefügt.
Inschriften
Wohnhaus von 1869: Torbogen aus großen Sandsteinquadern, breiter Schlussstein mit eingemeißelter Inschrift:
Heinrich Pohlmeier von Holstenhöfen, und Amalia Stiewe zu Wellentrup. Errichtet den 14. Juli 1869.
Der Giebelbalken trug eine aufgemalte, heute verwitterte Inschrift:
Zimmermeister Holtmann aus Siebenhöfen und Maurermeister Wehnekamp.
Weitere gemalte Inschriften an den oberen Giebelbrettern:
Die Gnade des Herrn walte über uns (Nordgiebel) und
Ehre sei Gott in der Höhe (Südgiebel).
Scheune, um 1870: In dem Bau sind zwei alte Torbögen aus dem 18. Jahrhundert wieder eingefügt. Der ältere stammt aus der Zeit des Wiederaufbaus unmittelbar nach dem Dorfbrand von 1743, der jüngere von 1759:
1. Torbogen von 1743, (Westseite, stärker verwittert):
WO. DEIN GESETZE NICHT WÄRE MEIN TROST GEWESEN SO WÄRE ICH VERGANGEN IN MEI[N]EM ELENDE. ICH WILL DEIN BEFEHL NIMMERMEHR VERGESSEN DEN DU E[R]QUICKEST MICH DAMIT ICH BIN DEIN HILFF MIR DEN ICH SUCHE DEIN[E] BEFEHLE. PS. 119 VX 92. ANNO 1743 DEN 6. JULIUS. M. [...]
IOHAN HENRICH STI[...] UND
ANNA ILSABEIN FRIEDRIC[HS]MEIER
2. Torbogen von 1758, (Ostseite):
PSALM 42.2. WIE DER HIRSCH SCHREIET NACH FRISCHEM WASSER SO SCHREIETMEINE SEELE GOTT ZU DIR. MEINE SEEL DÜRSTET NACH GOTT NACH DEM LEBENDIGEN GOTT. WANN WERDE ICH DAHIN KOMMEN DASZ ICH ANGESICHT SCHAUE. V.29. ABER DAS IST MEINE FREUDE DASZ ICH MICH ZU GOTT HALTE. UND MEINE ZUFERSICHT SETZE AUF DEN HERRN HERRN DASZ ICH VERKÜNDIG ALLE DEIN THUN. ANNO 1759 DEN 9. JULIUS M.F.H.F.
IOHAN HE[N]RICH STIFE UND
AN[NA] MARIA ELIESEBET SIMONS
Das Monogramm „M.F.H.F.“ steht für den Zimmermeister Franz Henrich Franz aus Reelkirchen, der in Wellentrup auch das Haus Brokmann Nr. 12 (1752) errichtete. Dem Zimmermeister Franz ist auch der sehr ähnliche Torbogen von 1743 an der Westseite der Scheune zuzuschreiben, doch ist das dortige Meistermonogramm stark verwittert und nicht mehr zu entziffern.
Eigentümer*innen, Bewohner*innen
1467, 1488, 1497 de Stive (Landschatzregister, L)
1535, 1545 de Styve (L)
1542 Frederich Stiven to Wellentroppe verheiratet seine Tochter Ilse an Symon im Eickhove, Besitzer von Halves Hoff (D 72 Falkmann Nr. 99)
1562 Henncke Styve (L)
1598 NN Stive oo Johan Meier, wird Stive (Gogerichtsregister, GoG).1600 sie oo II. Tönnies Schrei aus Kleinenmarpe (GoG), wird Stive
1617 Heinrich Stieve (Viehschatzregister); 1618 Hencke Stive (L)
1625/26 Johan Stive oo Liesebeth Meyer aus Istrup (GoG). 1641/42 sie oo II. Jochim Kuhlemeyer (Interimswirt)
1644 Jochim Stieve (35 Jahre), seine Fraw heiße Liesebeth (36 J.), und sey aus dem Meyer Hoefe zu Ißtorff bürtig, 3 Stiefkinder: Dietrich, 15 J.; Tönnies, 12 J.; Heinrich, 10 J. Sohn Johann,18 Wochen (Salbuch, S). 1650 sie oo II.: Fritze Veldtman hat sich an die Wittiben Stiffen befreit (GoG, Interimswirt)
1659 Dieterich Stiefe (Sohn aus 1. Ehe) oo Ilsabe Flake aus Höntrup (?) (GoG)
1688 Cord Henrich Stieve (Sohn) oo Clara Anna Mönch aus Wellentrup (GoG)
1720/21 Hofübergabe an Johan Henrich Stieve (Sohn aus 1. Ehe), oo 1722 Anna Maria Hagedorn aus Wellentrup. 1725 er oo II. Cathrina Ilsabeen Friedrichs(-meier) aus Siebenhöfen
1743, Dorfbrand vom 9. Mai: Wohnhaus, Leibzucht, Schoppen und Backhaus abgebrannt. Das Wohnhaus wurde noch im selben Jahr wiederaufgebaut, laut Inschrift auf dem erhaltenen Torbogen wurde es schon am 6. Juli 1743, also keine zwei Monate nach dem Brand, gerichtet. 1746 er oo III. Christine Elisabeth Hummerich aus Brake
1758 Johan Henrich Stieve (Sohn aus 1. Ehe) oo Anna Maria Elisabeth Simons (-meier) aus Herrentrup. 1759 Hausbau (erhaltener Torbogen)
1784 Amalia Elisabeth Stieve (Tochter) oo Johann Henrich Christoph Schlepper aus Billerbeck
1816 Hofübergabe an Joh. Friedr. Christoph Stieve (Sohn aus 1. Ehe); oo 1837 Wilhelmine Mönch aus Wellentrup. 1849 sie oo II. Heinrich Ludwig Köhne aus Brüntrup (Interimswirt, heiratet 1867 auf Hof Mönch Nr. 2 ein, dort ebenfalls Interimswirt)
1865 Luise Wilhelmine Henriette Stiewe (Tochter aus 1. Ehe) oo Heinrich Christoph Pohlmeier aus Holstenhöfen, wird Stiewe (keine Kinder). 1868 er oo II. Amalie Sophie Henriette Stiewe (* 1850, Halbschwester seiner ersten Frau). 1869 Hausbau (erhaltenes Wohnhaus). 1878 er oo III. Pauline Wilhelmine Elise Jürgenmeier aus Siebenhöfen; 1886 sie oo II. Landwirt Heinrich Sprick aus Hörstmar
1893 Heinrich Ludwig Wilhelm Stiewe (Sohn aus 2. Ehe, * 1868) oo Karoline Luise Ernestine Lohmeier; beziehen den bisherigen Hof Lohmeier Nr. 3. Auf dem Hof Nr. 5 lebt der Gutspächter Heinrich Sprick (Adressbuch, 1901)
1899 Verkauf der alten Hofstelle Nr. 5 an Henkord Nr. 6, dieser bezieht den alten Hof Stiewe, umfangreicher Ländereitausch (Grundbuch)
1901 [Nr. 6] Henkort, August, Landwirt; Henkort, Fritz, Leibzüchter (Adressbuch)
1926 Henkord, Heinrich, Landw. [Tel.] 76 (Adressbuch)
Literatur
Heinrich Stiewe (Hg.), Wellentrup. Geschichte eines Dorfes im Blomberger Becken, Petersberg 2002, S. 281f.
Heinrich Stiewe, Die Höfe Stiewe und Lohmeier in Wellentrup, masch-schr. Manuskript Blomberg-Wellentrup 1993.
Quellen
Weblinks
Einzelnachweise